■ Kommentar: Neuer SPD-Chef gesucht
Der SPD-Landesvorsitzende Detlef Dzembritzki ist ein Mann mit hohen Verdiensten. 1993 wurde ihm der französische Verdienstorden und 1996 der Orden der französischen Ehrenlegion verliehen. Doch innerparteilich zeigt sich der 54jährige Sozialpädagoge selten von seiner kämpferischen Seite. Schon bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren zeichnete sich die mangelnde Führungsstärke Dzembritzkis ab. Das war für manchen in der Partei bequem, doch für die SPD kein Segen.
Daß er die Kampfabstimmung um einen sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl gegen den Juso-Vorsitzenden nur knapp gewann, ist mehr als eine schwere Niederlage. Es ist Ausdruck einer schleichenden Demontage, die der Parteichef selbst zu verantworten hat. Die Führungslosigkeit der SPD ist vor allem Dzembritzki anzulasten. Es wäre seine Aufgabe, die widerstrebende Parteibasis auf die finanzpolitische Linie von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing einzuschwören. Hier mußte in letzter Zeit stets Fraktionschef Klaus Böger einspringen. Auch daß er den früheren Parteichef Ditmar Staffelt schon im Vorfeld auf Listenplatz fünf verwies, um sich den dritten Listenplatz zu sichern, wurde ihm von Teilen der Partei verübelt.
Bislang hieß es offiziell, auch von Bonn aus könne Dzembritzki die Parteigeschicke lenken. Doch nach dem Abstimmungsdesaster stellt sich die Frage, ob er bereits im nächsten Jahr abgelöst wird. Fraktionschef Böger und Umweltsenator Peter Strieder gelten als Favoriten für die Nachfolge. Beide wollen sich mit dem Landesvorsitz eine günstige Startposition für die Spitzenkandidatur für die Abgeordetenhauswahlen 1999 sichern. Dorothee Winden
Siehe Bericht Seite 22
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