Kommentar: Grün soft
■ Opposition – Regierung im Wartestand?
Wer von einer Pressekonferenz der Grünen über die bremische Hafenpolitik eine bissige Abrechnung mit dem Ressort erwartet hat, der mußte gestern mal wieder enttäuscht sein. Statt ihrer vornehmsten Aufgabe, nämlich scharfe Kritik an der Regierungsmehrheit zu üben, präsentierten die Grünen Vorschläge nach dem Motto: Wenn wir was zu sagen hätten, dann würden wir dies und jenes tun.
Dieser Stil taucht immer wieder auf: In Hearings läßt die grüne Fraktion dies und jenes beraten bis hin zur Patientenberatung und ist insgesamt bemüht, sich als eine verträgliche politische Kraft zu präsentieren, die gut und gern mitregieren könnte – wenn sie nur gelassen würde. Wird sie aber nicht, seit mehr als zwei Jahren muß sich die grüne Fraktion an diesen Gedanken gewöhnen, und so wandern all die guten Ideen in den Papierkorb.
Oder doch nur in die Archive? Zugegeben, für Journalisten ist dieser Oppositionsstil besonders frustrierend. Vielleicht kommt er aber in der Stadt, die von schlechten Nachrichten gequält und gelangweilt ist, gut an: Eine Opposition, die nicht immer schimpft, die nicht alles schlecht macht, was unsere Regierung macht, die sich nicht im „anti“profiliert. Eine Opposition, die Regierung in Wartestellung spielt, konstruktiv, freundlich und positiv – kurz: grün soft und wählbar für alle. Die Meinungsumfragen jedenfalls sprechen dafür. Klaus Wolschner
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