Kommentar: Ein schlauer Schachzug
■ Die Bundesbank stellt sich der Währungsunion nicht in den Weg
Alle Achtung, das haben Waigel und Kohl schlau eingefädelt. Sogar Edmund Stoiber, der die Bonner stets mit seiner grundsätzlichen Euro-Kritik genervt hat, lenkte gestern ein. Seit die Bundesbank gestern dem Kabinett ihre Stellungnahme vorlegte, steht der Währungsunion nun nichts und niemand mehr im Weg. Daß sich die Bundesbank gegen die Union stellen würde, war ja auch nicht zu erwarten. Erst am Mittwoch hatte das Europäische Währungsinstitut (EWI) in seinem Bericht trotz einiger mahnender Worte grundsätzlich grünes Licht für die Elfer-Währungsunion gegeben. Daran war die Bundesbank schließlich maßgeblich beteiligt gewesen. Es liegt auf der Hand, daß die Bundesbank sich danach nicht anmaßen würde, ein gegenteiliges Votum abzugeben. Denn ihr Präsident Hans Tietmeyer hat einige Macht über die Finanzmärkte. Wenn er die Währungsunion mit elf Teilnehmern jetzt gegen die politischen Vorgaben in Grund und Boden verdammen würde, könnte die Union so nicht loslegen. Dann würde die Bundesbank Politik an Stelle der Politiker machen. Und das war ja wohl nicht gemeint damit, daß die Bundesbank in ihrer Geldpolitik unabhängig von Regierungsvorgaben sein solle.
Natürlich war das auch Kohl und Waigel klar gewesen, als sie im Januar die Bundesbank um eine eigene Stellungnahme baten. Schon zuvor verlautete doch aus Bundesbankkreisen, daß jene sich täuschen würden, die hofften, daß die Bundesbanker der Regierung die politische Verantwortung für die Währungsunion abnehmen würden. Aber das Bonner Pro-Euro- Duo hat mit dieser trickreichen Einbindung die an sich eurokritische Bundesbank hinter sich gebracht. Seit gestern haben die Euro-Gegner ihren letzten Verbündeten von politischem Gewicht verloren.
Nicht, daß sich die Bundesbank mit Begeisterung für die Teilnahme solch hochverschuldeter Länder wie Italien und Belgien ausgesprochen hätte. Im Gegenteil warnte sie ausdrücklich vor deren hoher Verschuldung. Nicht zuletzt die Stellungnahmen von EU-Kommission und EWI haben den Deutschen den Weg zu drastischerer Kritik versperrt. Denn auch für die Bundesrepublik wird nur eine Ausnahme gemacht: Nach strikter Auslegung des Maastricht-Vertrags würde sie sich mit ihrer steigenden Verschuldung selbst nicht für den Euro qualifizieren. Nicola Liebert
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