piwik no script img

KommentarParagraphenterror

■ Meisterzwang behindert Eigeninitiative

Kriechen durch Eyüem E.'s Backstube die Würmer? Verursacht sein Weißbrot Blähungen? Wohl nicht, zumindest sind derlei Klagen über die Arbeit des türkischen Bäckers aus Walle bislang nicht bekannt geworden. Dennoch wollen deutsche Bürokraten dem ehrbaren Handwerker ans Leder: Der Mann hat keinen Meisterbrief und will auch keinen zertifizierten deutschen Chef-Handwerker gegen Gewinnbeteiligung als Strohmann vorschicken, wie das viele seiner Landsleute – und längst nicht nur die – zu tun pflegen.

Der Türke verstößt in der Tat gegen deutsches Recht. Aber die von den Kammern eifersüchtig gehütete deutsche Handwerksordnung mutet an wie ein Relikt des mittelalterlichen Zunftwesens. In einer Zeit, in der Industrie-Bäckereien ihre geschmackliche Minderqualität mit meisterlichem Segen dem Verbraucher aufnötigen dürfen, soll einem kleinen Bäcker das Handwerk gelegt werden.

Wir werden Zeuge der letzten Rückzugsgefechte des Un-Unternehmergeistes, der Eigeninitiative unter einem Wust von Paragraphen erstickt. Der Meisterzwang bildet eine unzumutbare Hürde für viele potentielle Unternehmensgründer. Anstatt jahrelang zu pauken, wollen sie loslegen und vielleicht Arbeitsplätze schaffen. Aber sie dürfen nicht. Hoffentlich schleift Europa diese deutsche Bastion. Denn auch im Ausland ist Brot genießbar, und Häuser stürzen nicht ein – und alles ohne Meisterzwang. Joachim Fahrun

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen