Kommentar: Nicht zu spät
■ Peter Strieder eröffnet die Debatte um den Schloßplatz neu
Daß der Versuch von Peter Strieder, die Debatte um die künftige Nutzung des Schloßplatzes noch einmal herumzureißen, von Erfolg gekrönt sein wird, darf bezweifelt werden. Anders als in der festgefahrenen Diskussion um das Holocaust-Mahnmal scheinen sich die meisten Beteiligten über die Eckpunkte an jenem repräsentativen Ort der „Berliner Republik“ einig zu sein. Hotel, Bibliothek, öffentliche Kultur- und private Kommerzeinrichtungen gelten, was die Nutzung des Ortes angeht, als mehrheitsfähig. Und städtebaulich scheint sich, nicht zuletzt aufgrund des Votums des Kulturbeauftragten Michael Naumann sowie des Einknickens der Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit, der „Wiederaufbau“ der Schloßfassade als Ergänzung zum Erhalt/Abriß des Palasts der Republik durchzusetzen.
So spät deshalb Strieders Intervention anmuten mag, so richtig ist sie dennoch. Immerhin ließen sich die Verantwortlichen mit der Umsetzung des nutzerischen und städtebaulichen Konsenses bislang reichlich Zeit. Zwar wurden die Ergebnisse eines ersten „Interessenbekundungsverfahrens“ der Investoren von den beiden Auslobern – Land Berlin und Bund – noch nicht ausgewertet. Intern freilich gilt das Investorenverfahren als gescheitert. Ohne öffentliche Mittel, das weiß man mittlerweile in Berlin genausogut wie in Bonn, wird sich kein öffentlich-privater Mix auf dem Schloßplatz bauen lassen, Schloßfassade hin, Palastfassade her.
Es darf also mit einigem Recht – auch innerhalb der SPD – neu gedacht und gefordert werden. Strieders Idee eines „Hauses unserer Demokratie“ ist dabei insofern interessant, als sie Gestaltung und Nutzung des Ortes nicht von oben vorzugeben trachtet, sondern als Prozeß begreift, an dem auch Verbände, Kulturinstitutionen und andere gesellschaftliche Gruppen beteiligt sein sollen.
Einen Schritt weiter sollte man bei der Neueröffnung des Ideenwettbewerbs allerdings gehen. Wenn schon der Schloßplatz die Demokratie der Republik repräsentieren soll, gehören zum Denkprozeß auch die Vertreter von Einwanderern. Gerade in einer Stadt, die wie keine andere zur Existenz der Republik als Einwandererland beigetragen hat. Uwe Rada
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen