Kommentar: Sanfter Einstieg
■ Warum ein atomares Ende ohne Schrecken besser ist als ein Schrecken ohne Ende
Wer mehr erwartet hatte, ist ein unverbesserlicher Optimist. Das Ergebnis des gestrigen ersten „Hamburger Konsensgespräches“ über den Ausstieg aus der Atomkraft im Norden ist ein sanfter Einstieg.
Aus der Fixierung des SPD-GAL-Senats auf das baldmöglichste Abschalten des AKW Brunsbüttel ist eine Option geworden. Es darf, da zeigt sich Rot-Grün nicht kleinlich, auch Stade sein. Und die Verknüpfung mit den Konsensgesprächen auf Bundesebene ist nicht nur vernünftig, sie ist unumgänglich. Denn der Ausstieg ist eine Entscheidung, die nicht an der Elbe getroffen wird, sondern in Bonn – wenn sie denn getroffen wird.
Unmißverständlich hatte HEW-Chef Timm zudem schon vorab klargestellt, was er gestern bekräftigte: Die Stillegung von AKWs ist eine betriebswirtschaftliche und aktienrechtliche Frage. Politische Willensbekundungen des HEW-Mehrheitsgesellschafters – und das ist noch immer das Bundesland Hamburg und damit der rot-grüne Senat – sind zwar nicht zu ignorieren, aber sie sind sekundär.
Bis zu einem ersten greifbaren Erfolg, also dem Abschalten des ersten der vier Atommeiler, von denen die Hansestadt umzingelt ist, wird es noch ein langer Weg sein – und ohne erfolgreiche Konsensgespräche in Hamburg und vor allem in Bonn und ohne eine entsprechende Änderung des Bundesatomgesetzes bleibt der Abschied vom Atomstaat eine Illusion. Das mag nicht nach jedermanns Geschmack sein. Ungleich bitterer aber wäre es, weiter davon träumen zu müssen.
Sven-Michael Veit
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