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KommentarVersuchskaninchen Metropol

■ Radunskis neue Entschlußfreude

Kurz vor Ende der Wahlperiode dreht der Senator noch einmal voll auf. Der Politprofi Peter Radunski, nach seinem Wechsel ins Kulturressort zunächst als unbedarfter Amateur geschmäht, beendet die Phase der Entschlußlosigkeit und präsentiert sich trotz hausinterner Querelen als entscheidungsfreudiger Zampano der Hauptstadtkultur. Erst holte er den allseits bejubelten Udo Zimmermann an die Deutsche Oper, dann nahm er einen neuen Anlauf, das leerstehende Metropol-Theater wieder zu beleben, Anfang Juni schließlich will er den künftigen Spitzenmann des Deutschen Theaters bekanntgeben. Obendrein soll das Theater des Westens unter seinem neuen Chef Elmar Ottenthal die Freie Volksbühne reanimieren, und Zimmermann will das Schiller-Theater mit moderner Oper füllen.

Doch in finanzieller Hinsicht steht das wundersame Wachstum der Hauptstadtkultur noch auf tönernen Füßen. Wie sollen die Theater, die mit ihren Etats schon jetzt nicht auskommen, auch noch das Ertüchtigungsprogramm fürs neue Jahrtausend bezahlen? Gewiß, Zimmermann und Ottenthal sind für ihre Haushaltsdisziplin bekannt, und obendrein mag Radunski auf eine Finanzspritze des Bundes hoffen. Darauf, daß die CDU im Herbst auf die Oppositionsbänke gerät, kann er sich jedenfalls nicht mehr verlassen.

Von allen kulturellen „Leuchttürmen“ besitzt nach wie vor das Metropol-Theater das unsicherste Fundament. Die komplette Übergabe einer städtischen Bühne an einen privaten Investor ist in Deutschland bislang beispiellos. Aus dem Debakel des Baden-Badener Festspielhauses hat Radunski immerhin gelernt, daß Kultur auch aus privater Hand nicht zum Nulltarif zu haben ist. Nachdem das frühere Personal mitsamt seiner alten Verträge im Strudel des Kollo-Konkurses verschwunden ist, soll das Haus an der Friedrichstraße zum Experimentierfeld für jene flexiblen Strukturen werden, in denen der Senator die Zukunft des Kulturbetriebs sieht. Fragt sich nur, ob Radunski dazu gleich die ganze Immobilie aus der Hand geben muß. Schließlich könnte der Investor nach der nächsten Pleite auf die Idee verfallen, den Admiralspalast wieder seiner ursprünglichen Funktion zuzuführen – als Schwimmbad. Ralph Bollmann

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