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KommentarDer Tod des Märchenprinzen

■ John Kennedy und die wichtigen Dinge des Lebens

Drei Menschen sind mit ihrem Privatflugzeug vom Himmel gestürzt. Das kommt leider vor. Der Tod des Piloten, seiner Frau und seiner Schwägerin ist zu bedauern. Sie haben unser Mitgefühl. Der Pilot heißt John Kennedy. Vor 35 Jahren wurde sein Vater ermordet, so wird der Tod des Sohnes zur Fortsetzungsgeschichte. Trümmerstücke tauchen auf, eine Puderdose wird gefunden. Die Küstenwache ist im Einsatz. Die See hat 21 Grad. Es muß ein heftiger Aufprall gewesen sein. Die „Tagesschau“-Sprecherin macht ein bedrücktes Gesicht, der Korrespondent hat die Leichenbittermiene aus dem Kosovokrieg aufgesetzt. Die Kamera schwenkt über die Brandung, zwei Möwen segeln einsam im Wind.

So geht das seit drei Tagen: Es gibt nichts Wichtigeres auf der Welt als die abgeschmierte Piper-Maschine vom schönen Kennedy und seiner wasserstoffblonden Frau. Die Kriegsvorbereitungen Chinas gegen Taiwan müssen in die Kurznachrichten-Ecke, das Kürzungsmassaker von Sparkommissar Eichel erscheint plötzlich belanglos. Selbst das Grüne Trikot von Erik Zabel, der punktemäßig wieder an der Spitze des Feldes liegt, vermag nicht mitzuhalten. Kann eigentlich nur noch Trittin helfen. Aber nicht einmal der Watschenmann der Nation, der sonst selbst im Urlaub noch virtuelle Negativschlagzeilen macht, kann den schönen toten Präsidentensohn verdrängen.

Kennedy bleibt Spitzenmeldung, eisern, drei Tage lang, auch in den seriösen Nachrichtensendungen.Wie kann ein solches Ereignis im fernen Amerika die Weltnachrichten dominieren? Wer ist der junge Kennedy, was hat er getan, welche Bedeutung kommt ihm zu? Eigentlich keine, außer daß er Sohn ist. Trotzdem will auch die „Tagesschau“ sich den großen, den mystisch-spirituellen Dingen des Weltenlaufs nicht entziehen: Warum will Gott diese Familie bestrafen? Liegt ein Fluch auf den Kennedys? Und wer wird der nächste sein?

Zugegeben: Noch erreicht der Medienzauber um den abgestürzten Märchenprinzen nicht die Intensität von Lady Dis Tod. Aber noch sind die Leichen ja auch nicht gefunden. Wenn auch das erledigt ist, kommt die Identifizierung, die Absturzursache, die Beerdigung und die Trauerfeier. Trittin kann aufatmen: Eine defekte Piper hat ihn gerettet. Manfred Kriener

Bericht Seite 8

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