Kommentar: Weniger Demokratie
■ Die Mehrheit will die Minderheit nicht
Die Bürgerschaftsabgeordneten wollen richtige Landtags-Abgeordnete sein. Was gestern in der Debatte um die Fünf-Prozent-Klausel vorgeführt wurde, war allerdings eher das Niveau ehrenamtlicher Stadtverordneter. Seit über zehn Jahren ist die Fünf-Prozent-Klausel in verschiedenen Landesverfassungen abgeschafft. Daß diese Frage sich zumindest für Bremerhaven auch stellt, war bisher niemandem aufgefallen. Das Landesverfassungsgericht Münster hat erklärt, daß die Beibehaltung der Klausel besonders begründet werden muß. Bei den letzten Änderungen des Landeswahlrechts hat das in Bremen niemand begründet. Völlig konsequent war daher der Vorschlag von Hermann Kuhn (Grüne), so zu Verfahren wie SPD, CDU und Grüne in NRW: Sofort die Klausel streichen.
Bezeichnenderweise ließen sowohl CDU wie auch die SPD Parlamentsneulinge über das Thema reden. Die Sprecherin der CDU meinte, man solle nichts überstürzen. Der Sprecher der SPD verwies darauf, daß die Kommunalverfassung in Nordrhein-Westfalen eine andere sei. Und was ist in Bayern, was in Sachsen ...?
Seit dem 6. Juni sind zwei volle Wochen verstrichen, in denen sich Bremens Landtagsabgeordnete hätten sachkundig machen können. In Bremerhaven geht es um mehr als zehn Prozent der Wählerstimmen. Aber die bleierne Mehrheit der Großen Koalition will die Minderheiten nicht im Parlament sehen. Klaus Wolschner
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