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KommentarZarewitsch?

■ Boris Jelzin regelt seine Erbfolge – die russische Politik nicht

Kaum ist der Präsident im Kreml, da dreht sich das Kaderkarussell auch schon wieder. Überrascht hat der Wechsel an der russischen Regierungsspitze in Moskau indes niemanden: Wenn man sich auf etwas verlassen kann, dann darauf, dass Boris Jelzin Politikern den Laufpass gibt, die nicht völlig versagen. Auch der sieche Kremlchef duldet keinen neben sich.

Die russische Innenpolitik wird den Wechsel zum ehemaligen Geheimdienstchef Wladimir Putin zunächst gar nicht recht bemerken. Strategische Ziele außer der Bereicherung hat sich schon seit Jahren keine Moskauer Regierung mehr gesteckt. Wenn sich etwas bewegt, dann dank eines Wandels ohne Reformen, der trotz und gegen die Blutsauger in Politik und Bürokratie aus dem Inneren der Gesellschaft heraus durchgesetzt wird.

Nicht nur Jelzin, Russlands gesamte politische Elite ist seit langem verbraucht. Keiner müht sich mit der Vorstellung, wie es weitergehen und wohin das Land steuert – von den rückwärts gewandten rotbraunen Märchenerzählern abgesehen. Diese Orientierungslosigkeit ist es, die die Wahl Putins dann doch in einem etwas trüben Licht erscheinen lässt. Zumal er nicht nur zum Regierungschef auf Zeit erkoren, sondern gleich auf die Erbfolge im Kreml festgelegt wurde.

Die Nachfolge zu regeln, darauf legt Jelzin im Interesse seiner Familie und ihrer wohl nicht immer legal erworbenen Besitzstandstitel besonderen Wert. Weder die innenpolitischen Kräfteverhältnisse noch die Person des Shooting-Stars Putin lassen es als aussichtsreich erscheinen, dass sich die Wünsche des Präsidenten und seiner Zuträger in der Präsidialkanzlei verfassungskonform realisieren ließen.

Bisher bevorzugen die Wähler eine ganze Reihe anderer eingeführter Kandidaten. Glaubt der Kreml den Coup von 1996 – als Jelzin innerhalb von wenigen Monaten aus dem roten Bereich der Unpopularität zum legitimen Präsidenten emporschnellte – noch einmal durch massiven Einsatz von Geld bewerkstelligen zu können? Die „Familie“ sammelt schon. Sollte das Unternehmen Putin indes schiefgehen, wäre der zumindest der Mann, der Abhilfe wüsste – wenn die Sicherheitsapparate ihm auch dann noch ergeben sind. Vor dem Hintergrund des aufflackernden Kaukasus-Konfliktes lässt sich ein Ausnahmezustand allemal begründen.

Klaus-Helge Donath

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