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■ KommentarFleisch für die Armen  BSE-Beef soll nur gekennzeichnet auf den Ladentisch

Die bundesdeutschen Grünen fordern eine strenge Kennzeichnungspflicht für Fleisch, bevor der Importstopp für britisches Rindfleisch aufgehoben werden soll. Das ist eine großartige Idee: Dann können sich die ärmeren Bevölkerungsschichten überall im vereinigten Europa endlich auch mal ein saftiges Steak leisten – denn die britische Ware wird nur als Sonderangebot und auf Ramschtischen an die Kundschaft zu bringen sein.

Vielleicht machen ja auch Spezialläden für Union-Jack-Fleisch auf, wie es ja auch Geschäfte gibt, wo Brot von gestern und vorgestern angeboten wird. Das hätte auch für die Wissenschaft unschätzbare Vorteile, denn solch ein Freilandversuch könnte neue Erkenntnisse über den Rinderwahnsinn BSE und die Übertragungswege auf den Menschen bringen.

In St. Merryn im südwestenglischen Cornwall steht das bisher einzige englische Schlachthaus, das Rindfleisch exportieren darf, weil es die Daten der geschlachteten Tiere von der Geburt bis zum Tod lückenlos im Computer erfasst. Nur: Niemand weiß genau, in welcher Konzentration die Erreger im Blut sind, ob BSE bei der vertikalen Übertragung von der Kuh auf das Kalb möglicherweise latent bleiben und erst bei der nächsten Generation ausbrechen kann, und welche Voraussetzungen für eine Übertragung auf den Menschen vorliegen müssen.

Zumindest den letzten Punkt kann man untersuchen, wenn man britisches Rindfleisch im Laden, wie von den Grünen gefordert, streng kennzeichnet – und die Kundschaft am besten auch. Nur merken darf sie es nicht. Ray Barrowdale, Sprecher der Londoner Fleischkommission, hat nämlich Recht, wenn er vor einer Diskussion über Lebensmittelsicherheit warnt. Da könnten schnell andere Nahrungsmittelbereiche hineingezogen werden, meint er – und daher läge es im Interesse aller Produzenten, die ganze Sache so schnell und freundschaftlich wie möglich beizulegen.

Genau darum, und nur am Rande um Gesundheitsfragen, geht es doch bei der nun schon 13 Jahre dauernden europäischen BSE-Arie: Die Politiker, ob in Großbritannien, Brüssel oder Berlin, überlegen, welche Maßnahmen – zum Beispiel ein Exportverbot oder seine Aufhebung – zu welchem Zeitpunkt den Schaden für die Märkte minimieren. Im Augenblick ist das wohl die strenge Kennzeichnungspflicht. Ralf Sotscheck

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