Kommentar: Die Gunst der Krise
■ Warum Hamburgs CDU zum Wegweiser Ole von Beust keine Alternative hat
In Hamburgs CDU gibt ab sofort nur noch Ole von Beust die Marschrichtung an. Und er scheut sich nicht, altgediente Kämpen ohne ersichtliche Skrupel am Wegesrand zurückzulassen, denn viel Zeit hat er nicht.
Als erster muss Volker Rühe dran glauben. Wenn der am Sonntag die Wahl in Schleswig-Holstein verloren haben wird, ist er weg vom Fenster mit Aussicht. Das machte von Beust ihm kaltlächelnd klar. Und Dirk Fischer darf in Hamburg noch zwei Jahre lang als Übergangs-Vorsitzender von Oles Gnaden die Kärrnerarbeit machen. Dann muss auch er aufs Altenteil.
Es ist die Gunst der Krise, die von Beust für seinen Aufstieg nutzen will. Einen Neuanfang für die CDU sieht er nur nach Entsorgung der Altlasten. Wer das System Kohl repräsentiert, schadet der Partei, die ihm vorschwebt, im Bund wie in der Hansestadt. Denn will die Union in diesem Lande wieder zu Ehren kommen, braucht sie unbelastete Führungspersonen wie Merkel, Merz und Wulff.
Und wenn von Beust selbst dazu gehören will, muss er erstmal in Hamburg Regierungschef werden oder zumindest einen Achtungserfolg bei der Bürgerschaftswahl im Herbst 2001 erringen. Und das kann, wenn überhaupt, nur mit einer modernen Metropolenpartei gelingen, die sich auf dem Markt der politischen Möglichkeiten in der Mitte positioniert.
Hamburgs CDU scheint begriffen zu haben, dass sie zu diesem Weg wie zum Wegweiser keine Alternative hat. Ole von Beust hat damit die alleinige Verantwortung. Und wenns schief geht, auch die alleinige Schuld. Sven-Michael Veit
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