Kommentar: Deckel zu und gut
■ Warum das Kita-Gesetz reale Kosten von Familien ignoriert
Der Debatte um Kita-Gebühren täte eine etwas abgedroschene Vokabel gut: „ganzheitlich“. Eine ganzheitliche Familienpolitik würde nicht nur Kontoauszüge beachten. Sie müsste auch bedenken, dass Familien irgendwo wohnen müssen und es schwer haben, auf dem freien Markt eine Wohnung für unter 2000 Mark zu finden – und selbst zu diesem Preis keinesfalls an der Alster. Sie müsste bedenken, dass Väter Kinder aus erster Ehe haben, für die sie aufkommen müssen.
Das Amt für Jugend sieht nur seinen Etat. 13 Prozent sollen die Eltern dazu beitragen, wie, ist egal – Deckel zu und gut.
Das war nicht immer so. Noch Mitte der 90er Jahre betrug der Elternanteil 11 Prozent. Damals gab es ein Elternbeitragsgesetz, das Belastungen wie Miete oder Schulden berücksichtigte. 1995 wurde ein neues Beitragsgesetz eingeführt, das die realen Belas-tungen von Familien ignoriert. Nur die Halbtagskindergärten waren ausgenommen, hier durften die Eltern noch selber einschätzen, wieviel sie zahlen. Mit der nun eingeführten Neuerung werden alle gleich ungerecht behandelt. Ungerecht, weil Zuschüsse wie Kindergeld und Baukindergeld, die der Staat aus guten Gründen zahlt, über den Umweg der Kita-Gebühren wieder abgezogen werden.
Sich für Interessen von Armen stark zu machen, fällt leicht, für eine Gruppe mit dem Stempel „Besserverdienende“ schwer. So, wie das neue Elternbeitragsgesetz gestrickt ist, werden aber manche Eltern mit den Titel „Höchstsatzzahler“ geadelt, die es sich dreimal überlegen, bevor sie für sich selbst ein Paar Schuhe kaufen. Kaija Kutter
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