Kommentar: Neue Schuhe
■ Warum die GAL ihren eigenen Ruf nach einer starken Führung erhörte
Geradezu beiläufig hat die GAL ihre Kinderschuhe in den Schrank gestellt. Die fast schon resignative Leidenschaftslosigkeit, mit der sie sich von zwei Grundsätzen aus Gründertagen verabschiedete, zeugt jedoch vordringlich von ausgeprägter Sehnsucht nach Führung.
Denn die Klatsche an der Wahlurne hat Hamburgs Grüne in tiefe Verunsicherung gestürzt. Das Prinzip kollektiver Verantwortlichkeiten, so lange als Ausdruck basisdemokratischer Strukturen gehegt, hatte zuvörderst zum Zustand organisierter Verantwortungslosigkeit geführt.
Und so hallt denn seit Wochen durch die Partei der Ruf nach einer Person, die sagt, wo es lang zu gehen hat. Die Hoffnung auf neue grüne Kraft durch eine starke Chefin aber nährt sich vornehmlich aus dem Eingeständnis eigener Ratlosigkeit und dem Überdruss an althergebrachten Flügelkämpfen.
So ist es denn nur konsequent, gleich richtig aufzuräumen und neben der Doppelspitze auch die Trennung von Amt und Mandat abzuschaffen. Jetzt können wirklich die in Spitzenpositionen gewählt werden, welche die Mehrheit für die Besten hält. Und das müssen zugleich jene sein, deren Integrationskraft allseits anerkannt wird.
Allerdings hat die GAL nun künftig keine Ausreden mehr. Sollte die Partei aus dem Jammertal herausfinden, können sich alle auf die Schultern klopfen. Und wenn das schiefgeht, muss nicht mehr lange über die Schuldfrage gestritten werden.
Kristin Heyne ist politisch erfahren genug, um zu wissen, worauf sie sich da einlässt: Sie ist zum Erfolg verdammt.
Sven-Michael Veit
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