Kommentar zur Nazidemo: Auch Nazi-Demos gehören zum Spiel
Wollen wir ernsthaft eine Einschränkung des Demonstrationsrechts fordern, wie es gerade in Baden-Württemberg diskutiert wird? Natürlich könnte man rechte Meinungsäußerungen so von der Straße drängen. Allerdings auch alle anderen.
Am Ende haben sie es doch geschafft. Die Blockaden der Linken waren so effektiv, dass die Polizei den Nazi-Aufmarsch abkürzen musste - und die Route nicht wie geplant durch den Weitlingkiez führte. Trotzdem waren viele linke Demonstranten sauer auf die Polizei, weil diese die Nazis rigoros von ihren Gegnern abschirmte. Viele waren auch empört, dass eine Nazidemo überhaupt stattfinden darf - während die Gegendemo per Gerichtsbeschluss verboten wurde. Das sei ja keine Demokratie, meinte eine Demonstrantin. Doch, genau so ist Demokratie. Ein Spiel mit verteilten Rollen.
Denn wie soll es anders gehen: Wollen wir ernsthaft eine Einschränkung des Demonstrationsrechts fordern, wie es gerade in Baden-Württemberg diskutiert wird? Natürlich könnte man rechte Meinungsäußerungen so von der Straße drängen. Allerdings auch alle anderen.
Wenn Nazis aber ein Demonstrationsrecht haben wie jedermann, muss die Polizei das auch durchsetzen. Das ist ihre Rolle - ebenso dafür zu sorgen, dass niemand zu schaden kommt, wenn Gegner der Nazis wiederum ihr Demonstrationsrecht in Anspruch nehmen. Dazu kann auch gehören, dass eine Demo verlegt wird. Das ist kein Drama.
Denn für das demokratische Spiel ist es nicht unabdingbar, dass Nazis die "Nazi raus"-Rufe ihrer Gegner hören. Die Proteste gegen Nazis richten sich ja an die Öffentlichkeit. Sie sind ein Signal: Seht her, wir sind bunt und wir sind viele. Das ist die Rolle der Zivilgesellschaft.
Zu dieser Rolle gehört auch die Idee, den Nazis keinen Millimeter Raum zu überlassen und ihre Demos zu blockieren. Und so schön es ist, wenn dies gelingt: Das Problem ist nicht, dass Nazis marschieren. Das Problem ist, dass es sie überhaupt gibt.
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