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Kommentar zur HaushaltsdebatteImmer noch das Maß der Dinge

Trotz miserabler Umfragewerte spielt Klaus Wowereit in der Cicero-Liga: In der Debatte um den Doppelhaushalt 2010/2011 hielt er eine viel beklatschte Rede.

Amtsmüde ist er angeblich. Gelangweilt von der Landespolitik. Und auf dem Sprung in die Bundespolitik - auch wenn es da erst frühestens 2013 wieder etwas für die SPD zu verteilen gibt. Während der Haushaltsdebatte am Donnerstag wirkte Klaus Wowereit, in der SPD angesichts miserabler Umfragewerte teilweise schon als Problem empfunden, ganz anders: spontan, eloquent und gar nicht gelangweilt. Seine viel beklatschte Rede war der Höhepunkt einer Generaldebatte, die eines zeigte: In der Berliner Politik spielt allein Wowereit in der Cicero-Liga.

Cicero - römischer Konsul, erfolgreicher Anwalt und vor allem starker Redner - beherzigte ein paar Grundregeln: gründliche Vorbereitung, freie Rede, facettenreicher Vortrag. Diesen Anforderungen kam in der Opposition keiner nahe. CDU-Chef Frank Henkel hatte den ausformulierten Text vor sich, FDP-Mann Christoph Meyer redete bleiern monoton. Und die Grüne Ramona Pop argumentierte zwar gut, sprach aber zu schnell und musste sich über Fakten belehren lassen. Einer fehlte sichtlich: Martin Lindner, früher FDP-Fraktionschef, jetzt im Bundestag. Er hätte als Einziger in Wowereits Liga mitspielen können.

Statt sich zu langweilen, kostete Wowereit seine Überlegenheit aus, nutzte jede Schwäche gnadenlos. Am besten war er, als er Kritik der Opposition konterte - als er zur Pflichtübung überging, den Haushalt zu resümieren, flachte auch seine Rede ab.

Dass Wowereit gut reden kann, wenn er will, ist nicht neu. Der laute Beifall aus den Koalitionsfraktionen zeigte vielmehr eines: dass er trotz aller Kritik an ihm noch immer derjenige sein kann, um den sich Rot-Rot schart wie um keinen anderen.

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