Kommentar zur A100: Zeit, das Tempo zu drosseln
Die Diskussion über den Weiterbau der A100 ist symbolisch heillos überladen. Ein bißchen Entschleunigung täte da nur gut.
W ird die Entscheidung über den Weiterbau der A 100 verschoben? So viel ist klar: Es täte der öffentlichen Diskussion gut. Kaum ein Thema ist in den vergangenen Monaten so symbolisch überladen worden wie das geplante Teilstück der Stadtautobahn. Für die einen sind die 3,2 Kilometer Asphalt gleichbedeutend mit der Wende zur hundertprozentigen "Autostadt", für die anderen sinkt Berlin wirtschaftlich auf das Niveau eines Entwicklungslandes, wenn die Bagger nicht anrollen. Keine der beiden Seiten hat in dieser Absolutheit recht: Es handelt sich um ein Teilstück Autobahn, das gewisse Folgen für den Verkehr in der Stadt haben wird. Nicht weniger. Und nicht mehr.
Keine Trendwende
Auch wenn das Teilstück gebaut wird, werden sich Autos in den dicht besiedelten Innenstadtkiezen stauen. Und auch die Arbeitslosigkeit wird sich nicht über Nacht halbieren. Gleichzeitig ist Berlin von einer Verkehrspolitik der 60er Jahre mit dem Leitbild der autogerechten Stadt weit entfernt. Der Trend zum Radfahren lässt sich nicht zurückdrehen, und dass es mit der S-Bahn so nicht weitergeht, haben inzwischen auch alle begriffen. Schon die demografische Entwicklung wird das Land zwingen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen - alte Menschen sind auf ein dichtes Bus- und Bahnnetz angewiesen.
Der neue Senat könnte sich solchen weitergehenden verkehrspolitischen Zielen widmen, würde die A 100 zurückgestellt. Zu gegebener Zeit kann dann entschieden werden, ob die paar Kilometer Straße gebraucht werden. Oder nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!