Kommentar zum US-Verteidigungshaushalt: Change - yes, I did
Der Verteidigungshaushalt ist ein Schlag ins Gesicht für jene Prinzipien, mit denen Obama seine Präsidentschaft begonnen hatte. Das könnte sich rächen.
D er 662 Milliarden US-Dollar schwere Verteidigungshaushalt, den US-Präsident Barack Obama kurz vor Jahresende unterzeichnet hat, ist ein Schlag ins Gesicht für jene Prinzipien, mit denen Barack Obama vor drei Jahren seine Präsidentschaft begonnen hatte. Denn wieder einmal haben die Republikaner im US-Kongress darin vieles untergebracht, was der Präsident nicht will.
Sie wissen, dass er einen Verteidigungshaushalt nicht per Veto stoppen kann, weil sonst ab dem heutigen 2. Januar das US-Militär ohne Finanzierung dastünde. Die Bestimmungen zum Umgang mit sogenannten "Terrorverdächtigen" ragen heraus - das System unbegrenzter Militärhaft ohne Anklage und Verfahren, das Obama einst bekämpfen wollte, sollte verstetigt werden. Obama hat es geschafft, die Bestimmungen leicht zu entschärfen - im Kern sind sie dennoch enthalten.
Es sind nicht nur die Mehrheitsverhältnisse seit den Kongresswahlen 2010, die Obama so erpressbar machen. Vor allem traut dieser Präsident der Mehrheitsfähigkeit seiner eigenen Prinzipien nicht. Die Liquidität der US-Militärmaschinerie aufs Spiel zu setzen, um die Menschenrechte von "Terrorverdächtigen" zu verteidigen? Undenkbar.
ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Es ist Obama, dem angeblich glänzenden Kommunikator, seit Amtsantritt nicht ansatzweise gelungen, das öffentliche Denken, die politische Werteskala aus der Bush-Ära nach links zu verschieben. Es ist Wahljahr. Die Vorwahlen der Republikaner beginnen gerade diese Woche in Iowa, was nicht zuletzt dazu führt, dass deren Positionen in den Nachrichten viel mehr Platz bekommen als Obamas. Obama traute sich nicht, eine Angriffsfläche zu bieten - auch wenn die Prinzipien, für die er hätte einstehen sollen, eigentlich nicht mehr sind als die Einhaltung national und international geltenden Rechts. Aus "Change - yes, we can" ist "Change - yes, I did" geworden. Das dürfte sich rächen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken