Kommentar zum Polizeiskandal in Berlin: Interessant sind die Gründe
Nach dem Vertuschungsskandal beim Staatsschutz kommen Gerüchte auf, dass LKA-Chef Steiof gehen muss. Der Innensenator dementiert – noch.
Seit bekannt geworden ist, dass Beamte des Berliner Staatsschutzes ein wichtiges Dokument im Fall Anis Amri gefälscht und rückdatiert haben sollen, machen Rücktrittsgerüchte die Runde. Die Morgenpost meinte am Donnerstag zu wissen, dass die Entlassung von LKA-Chef Christian Steiof unmittelbar bevorstehe.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) ließ flugs dementieren. Man werde erst analysieren, bewerten und dann entscheiden, gab dessen Sprecher die Marschrichtung vor. Es sei noch zu früh, um irgendwelche Köpfe zu fordern.
Dass Köpfe rollen werden, ist sicher. Unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen muss der Öffentlichkeit ein Verantwortlicher präsentiert werden. Zumeist handelt es sich um ein Bauernopfer. Um es klar zu sagen: Nicht, dass Amri im November nicht inhaftiert worden ist, ist der Skandal.
So tragisch es für die Opfer des Anschlags auf dem Breitscheidplatz und deren Hinterbliebene ist – Versäumnisse der Behörden dieser und ähnlicher Art hat es in diesem Fall viele gegeben. In Berlin, in NRW und anderswo. Um beurteilen zu können, ob Amri im November in Berlin hätte inhaftiert werden müssen, müsste man zudem den genauen Wortlaut der Dokumente kennen, die offenbar auf einer Telefonüberwachung basieren.
Der eigentliche Skandal ist das Vertuschungsmanöver im Staatsschutz. Das Erstaunliche ist: Die Empörung hält sich innerhalb der Polizei in Grenzen. Dass Akten „noch mal schön gemacht werden“, bevor sie an externe Stellen herausgeben werden, komme auch bei anderen Polizeien vor, sagt ein hoher Beamter, der viel im Bundesgebiet unterwegs ist, am Donnerstag zur taz.
Manipulieren will er das nicht nennen. „Aus Selbstschutzgründen“ würden Unterlagen manchmal dahingehend „ein bisschen frisiert“, um Entscheidungen für Außenstehende „schlüssig und nachvollziehbar zu machen“. Man darf also gespannt sein, was die beschuldigten Staatsschutzbeamten zu ihren Beweggründen vorbringen werden und was man dabei noch so alles über das Innenleben der Polizei erfährt. Die Frage, welche Köpfe am Ende rollen werden, ist dabei sekundär.
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