Kommentar zum Kulturkampf im Netz: Konterrevolution und Schützenfest
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling hat eine Kritik der Netzgemeinde geschrieben. Voller Untergangspoesie, kampfesmutig – und Widerspruch weckend.
L ieber Ansgar Heveling,
ich habe mit Freuden gelesen, dass Du Dich sehr für die Zukunft mit dem Internet interessierst. Das ist zu begrüßen. Ich habe dabei auch wahrgenommen, dass Du irgendwie viele in diesem Internet nicht magst.
Du beschimpfst sie als "Nerdzisten", glaubst, wir wollten Dir irgendwie diktieren, wie das mit dem Internet und der Gesellschaft in der Zukunft sein sollte. Du findest es irgendwie nicht so richtig, wenn Menschen sich aktiv für ihre Interessen einsetzen und ihre Rechte einfordern. Wenn Menschen, die nicht so wie Du im Bundestag sitzen, ihre Meinung äußern. Und sagen, dass sie mit Deiner Arbeit hochgradig unzufrieden sind.
Falk Lüke ist Journalist und Internet-Spezialist.
Lieber Ansgar Heveling, das macht mich etwas traurig. Du bist Volksvertreter aus dem schönen Korschenbroich am Niederrhein. Korschenbroich ist eine Stadt, in der man weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem das Wasser bis zum Hals oder zumindest bis zum Kellerrand steht. Offenbar steht auch Dir gerade das Wasser bis zum Hals, oder warum meinst Du, dass es nötig ist, so um Dich zu schlagen?
Hast Du Angst vor Bürgern, die Dir beim Politikmachen zuschauen und sagen, wenn ihnen etwas nicht passt? Die keine Lust haben, dass für die Gewinne der Musik- und Filmkonzerne einfach nach Belieben in Grundrechte eingegriffen wird?
Mich auf jeden Fall befremdet es etwas, dass Du die Netzaktiven mit einer marodierenden Horde vergleichst. Für Dich ist die größte Errungenschaft der französischen Revolution das geistige Eigentum. Stürmten die Pariser etwa die Bastille mit dem Schlachtruf „Liberté, égalité, fraternité, propriété intellectuelle“?
Mal im Ernst, lieber Ansgar Heveling. Wenn Du als Mensch mit einem historischen Bewusstsein nun den Citoyen gegen den seine Meinung artikulierenden Bürger stellen willst, dann ist mir das etwas zu verquer. Nimms mir nicht übel, lieber Ansgar Heveling. Aber ich glaube nicht, dass Du mit derartigen Verunglimpfungen für besonders viel Verständnis für Deine Position sorgen wirst.
Eines hast Du mit diesem lustigen Remix aus Konterrevolutionsrhetorik und Schützenfestvogelschuss aber auf jeden Fall geschafft: Nun kennt dich in Digitalien jeder - als den lustigen, nassforschen Niederrheiner, der Du auch schon lange vor dem Internet immer warst.
Knuddel Dich.
Dein Falk Lüke
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