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Kommentar zum Berliner LandesstromVattenfall auf die Füße treten

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Rot-Rot könnte doch einmal eigene Mindeststandards übertreffen und ein Stromangebot anfordern, das zu hundert Prozent aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird. Dafür allerdings bräuchte Rot-Rot mehr Mut.

Als SPD und Linke 2006 ihren Koalitionsvertrag unterzeichneten, wollten sie ganz vorne sein. Explizit wurde vereinbart: Unternehmen, die Atomenergie produzieren, sollen keinen Strom mehr für vom Land genutzte Gebäude liefern. Zwar hat sich mittlerweile herausgestellt, dass diese Vorgabe aus rechtlichen Gründen als Ausschlusskriterium für Ausschreibungen nicht zulässig ist, dennoch wäre es falsch, wenn die Koalition ihre Forderung fallen ließe. Denn als politisches Konzept war sie wegweisend. Und sie ist es bis heute.

In den Alltag übersetzt sieht das EU-Vergaberecht Folgendes vor: Wenn ein Vegetarier einen fleischlosen Snack will, darf er keine Anbieter ausschließen, bloß weil sie anderen Kunden auch Currywurst servieren. Allerdings kann der Vegetarier seine Anforderungen präzisieren, etwa indem er verlangt, dass der Snack zu hundert Prozent aus Bioprodukten hergestellt ist. Damit hat er immer noch nicht alle Fleischhändler ausgeschlossen, aber doch sehr viele.

Gleiches gilt für den Strommarkt. Zwar wurde im Koalitionsvertrag nur vereinbart, dass Stromlieferungen zu 20 Prozent aus erneuerbaren Energien und zur Hälfte aus Kraft-Wärme-Kopplung kommen sollen, aber wer sagt denn, dass Rot-Rot nicht auch mal über die eigenen Mindeststandards hinausgehen darf? Das Land könnte genauso gut ein Stromangebot anfordern, das zu hundert Prozent aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird. Das würde Atomstromproduzenten wie Vattenfall noch immer nicht komplett ausschließen. Aber sie hätten es deutlich schwerer, ein konkurrenzfähiges Angebot abzugeben.

Dafür allerdings bräuchte Rot-Rot mehr Mut. Nicht nur weil ein echtes Ökostromangebot minimal teurer sein könnte als ein mit Kernenergie quersubventioniertes, sondern vor allem weil die Koalition dem in Berlin ansässigen Stromriesen Vattenfall auf die Füße treten würde. Das aber wäre ein echter Gewinn für die Stadt.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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1 Kommentar

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  • PS
    Peter Schlaumeia

    Warum wäre es denn ein Gewinn, wenn die Stadt Berlin dem Unternehmen Vattenfall auf die Füße treten würde? Kapiere ich echt nicht. Weil Vattenfall groß und irgendwie "böse" ist...? Also echt, aus dem Alter sollten wir doch alle raus sein.

     

    Ich finde im Übrigen, dass die Stadt ihr Geld lieber für andere Zwecke als für edlen Bio-Strom raushauen sollte. Man müsste mal nachrechnen, ob unterm Strich nicht mehr für die Umwelt getan wird, wenn beispielweise die BVG ein paar Dieselruß-Busse mit Filtern ausstatten darf, Berliner Schulen wärmespeicherndes Isolierglas bekommen oder das Geld für Energiesparlampen in Behörden ausgegeben wird.