Kommentar zu den Koalitionsverhandlungen: Die einsame SPD-Spitze
Auch Wowereit muss ein verlässlicher Partner werden - nur mit dem Wunsch nach Machterhalt wird er nicht weit kommen.
E ine Sehnsucht nach Rot-Grün hatte SPD-Landeschef Michael Müller vor der Wahl bei seinen Schäfchen ausgemacht. Am Wochenende drohte er mit der CDU. Auch wenn die SPD gerne versucht, die Grünen als Chaostruppe darzustellen - richtige Chaostage liefern derzeit allein die Sozialdemokraten.
SPD-Linke stärker
Tatsächlich steht für die SPD viel auf dem Spiel. Klaus Wowereit will ohne Angst vor einem "Heidemörder" gewählt werden. Der Flirt mit der CDU hat also einen realen Hintergrund: Mehrheit ist besser als Sehnsucht.
Ganz anders die SPD-Linke, deren Einfluss in der neuen Fraktion gewachsen ist. Sie würde ein Bündnis mit der CDU womöglich nicht mittragen. Eine Niederlage im Landesvorstand aber können sich Wowereit und Müller nicht leisten. Es wäre das Ende ihrer politischen Karriere.
Wenn es einen solchen Machtkampf in der SPD gab, ist er mit der Entscheidung für die Koalitionsverhandlungen nur aufgeschoben. Aufgehoben ist er nicht. Auch in der SPD hoffen einige, mit den Grünen die A 100 stoppen zu können. Nicht zu Unrecht ätzte ein Grüner auf dem Parteitag: "Die schlagen den grünen Sack, um die eigenen Esel zu treffen."
Der 28-Prozent-Partei Wowereits stehen also womöglich dolle Zeiten bevor. Oder sie lernt um. Mit den Grünen kann die SPD nicht so umgehen wie mit der Linken. Will Klaus Wowereit nicht nur an die Macht, sondern auch Berlin voranbringen, muss er lernen, dass das Rote Rathaus kein SM-Studio ist.
Lernt er es nicht, könnte die Wowereit-Müller-Dämmerung bald beginnen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung