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Kommentar zu Olmerts VerschonungKommission schont Ehud Olmert

Kommentar von Susanne Knaul

Der Bericht der Winograd-Kommission zum Krieg im Libanon hat keine Folgen für Israels Premier Ehud Olmert. Der Überlebenskünstler Olmert hält sich weiter.

D er für Regierungschef Ehud Olmert überraschend sanfte Bericht der Winograd-Kommission, die die Versäumnisse während des Libanonkrieges untersuchte, kommt für Verteidigungsminister Ehud Barak als Rettungsring gerade recht. Barak hatte schon im Vorfeld seiner Amtsübernahme versprochen, die Koalition mit Olmert aufzukündigen, sollte der Winograd-Bericht Olmert für das Desaster vom Sommer 2006 verantwortlich machen. Doch das Letzte, was Barak jetzt braucht, sind Neuwahlen, denn diese würde allen Prognosen nach sein Gegner vom Likud, Benjamin Netanjahu, gewinnen. Die Winograd-Kommission gibt Barak genügend Argumente, um weiter an Olmerts Seite in der Regierung zu sitzen.

Die Mitglieder der Untersuchungskommission haben kalte Füße bekommen. 120-mal war im Zwischenbericht im Mai 2006 die Phrase "schweres Versagen" aufgetaucht, obwohl dort nur der Zeitraum der ersten fünf Kriegstage untersucht wurde. "Die Hauptverantwortung liegt beim Premierminister", hieß es damals. Der Endbericht, in dem es vor allem auch um die letzten 60 Kriegsstunden gehen sollte, als nach bereits vereinbartem Waffenstillstand die Soldaten noch einmal tief ins Feindesland geschickt wurden und 33 von ihnen starben, hätte erwartungsgemäß viel schärfer als der erste ausfallen müssen. Stattdessen bleibt die Kommission nun vage, unklar und widersprüchlich. So schreibt sie an einer Stelle, dass der Vorstoß der letzten 60 Stunden "nahezu unausweichlich" war. An anderer Stelle urteilt sie, dass die letzten Gefechte nichts erreicht hätten.

Die Kommission wollte ebenso Antwort geben auf die schwere Enttäuschung in der Bevölkerung angesichts des nicht erfolgreichen Kriegsverlaufs wie auf den allgemeinen Missmut über die politische und militärische Ebene. Stabschef und Verteidigungsminister sind längst ausgetauscht, nur der Überlebenskünstler Olmert hält sich auf seinem Stuhl. 57 Prozent der Israelis, so eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage, wünschen sich seinen Rücktritt. Der Winograd-Bericht wird gerade das Gegenteil bewirken. Die Kommission hat das eigene Ziel nicht erreicht, sondern sprichwörtlich ebenso schwer versagt.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

1 Kommentar

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  • D
    Dimitrij

    Schon richtig, was hier geschrieben ist, aber dennoch die Frage: Wann kommt endlich ein Artikel, in dem Israel nicht als Aggressor oder Korruptionssumpf auftaucht?