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Archiv-Artikel

Korruption muss teurer werden Kommentar von Ulrike Herrmann

Korruption lohnt sich. Gestern ist der Börsenkurs von Siemens noch mal gewaltig gestiegen, obwohl das Unternehmen nun schon in zwei Affären verheddert ist. Die EU verhängte eine Rekordbuße, weil Siemens ein Kartell bei Spezialschaltern angeführt hat – und diverse Siemens-Manager werden verdächtigt, bis zu 420 Millionen Euro in schwarze Kassen umgeleitet zu haben, um damit ausländische Festnetz-Kunden zu bestechen.

Wieder einmal bestätigt sich, dass Moral und Geschäft nicht unbedingt zusammenpassen. Es wird zwar viel über „Unternehmensethik“ philosophiert. Aber letztlich bleibt es der Daseinszweck einer jeden Firma, möglichst hohe Gewinne einzustreichen. Um Brecht abzuwandeln: Erst kommt der Profit, dann das Gewissen. Schon jetzt ist mühelos abzusehen, dass die bisherigen Siemens-Affären nicht die letzten gewesen sind.

Trotzdem waren die Siemens-Skandale kein reines Schauerstück. Dem Publikum bleibt nicht nur hilflose Empörung. Stattdessen wäre auch amüsierte Freude fällig, wird doch gerade vorgeführt, wie mächtig der Staat sein kann – wenn er nur will. Denn nur den neuen Korruptionsgesetzen ist es überhaupt zu verdanken, dass einige Siemens-Manager nun der Untreue verdächtig sind. Noch vor zehn Jahren wäre es kein Delikt gewesen, Kunden im Ausland zu bestechen. Stattdessen ließen sich derartige Schmiergeldzahlungen lange von der Steuer absetzen. Korruption lässt sich aus der Wirtschaft nicht verbannen. Aber der Staat kann und muss dafür sorgen, dass sie so teuer wird, dass geschmierte Geschäfte nicht mehr profitabel sind.

Eine Form der Korruption wird allerdings noch nicht bekämpft: die Selbstbereicherung der Manager. Zu Recht erregt es die Kleinaktionäre, dass sich der Siemens-Vorstand eine Gehaltserhöhung von 30 Prozent genehmigt. Theoretisch soll der Aufsichtsrat die Raffgier der Manager kontrollieren. Das aber ist weltfremd, sind doch die Aufsichtsräte mit den Vorständen engstens verbandelt – freundschaftlich und familiär. Nirgends ist Herkunft so wichtig wie bei der Rekrutierung von Managern. „Kooptation“ heißt es bei Soziologen, „Filz“ im Normaldeutsch. Hier ist der Staat erneut gefragt.