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Kommentar von Eric Bonse zu den Verhandlungen zwischen Griechenland und der EUMit vorgehaltener Pistole

Kommissionschef Juncker droht: Der Grexit ist bis ins Detail vorbereitet

Europa stockt der Atem. Wenn es Griechenland und seinen Gläubigern nicht bis Sonntag gelingt, den Schuldenstreit beizulegen, dann kommt der große, fatale Bruch in der Geschichte der Europäischen Union. Dann wachen wir am Montag in einem „anderen Europa“ auf, warnte Ratspräsident Donald Tusk in einer turbulenten Debatte im EU-Parlament in Straßburg.

Leider fehlte dieser Debatte die wirtschaftliche und historische Tiefe. Es war ein ideologisch aufgeheizter Schlagabtausch, kein Moment des Innehaltens.

Vergessen war der Appell des französischen Finanzministers Emmanuel Macron, die Lehren aus der Geschichte zu ziehen. Einen „neuen Versailler Vertrag der Eurozone“ dürfe es nicht geben, warnte Macron nach dem Referendum in Athen.

Doch genau das bahnt sich nun an: Der Euro-Krisengipfel am Dienstag hat den Grundstein für ein neues „Ver­sailles“, also ein überhartes Diktat aus Brüssel gelegt. Ausgerechnet Deutschland, die neue Siegermacht der Eurokrise, hat die Bedingungen festgezurrt. Sie sind so hart, dass sie durchaus an Krieg – an einen Wirtschaftskrieg um den Euro – erinnern.

Mit vorgehaltener Pistole musste Premier Alexis Tsipras am Mittwoch einen neuen Hilfsantrag in Brüssel vorlegen. Schon am Donnerstag soll er ein neues, „vollständiges“ Spar- und Reformprogramm präsentieren. Sollten die Konditionen der Gläubiger nicht bis Freitag früh um 8.30 Uhr erfüllt werden, werde man Griechenland aus dem Euro werfen, droht Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Der Grexit sei schon bis ins Detail vorbereitet.

So spricht man nicht mit Partnern, sondern mit Feinden. Aus diesen Drohungen spricht keine historische Vernunft, sondern der Wunsch nach Rache – dafür, dass sich Tsipras über den Willen der Euro-Granden hinweggesetzt und sein Volk für ein leidenschaftlichen „Ochi“ gewonnen hat. Es sollte ein Nein zu Ultimaten und Pressionen aus Brüssel sein – Brüssel antwortet mit neuen Ultimaten.

Gutes kann aus dieser Politik nicht erwachsen. Schon gar keine „Rettung“ Griechenlands. Denn der Plan, den die Euro-Granden nun in kürzester Zeit einfordern, wird nur formal in Athen geschrieben. In der Substanz dürfte er sich kaum vom letzten, von den Griechen abgelehnten Memorandum unterscheiden. Und einen Schuldenschnitt wird es auch nicht geben. Berlin und die Bundeskanzlerin haben „Ochi“ gesagt.

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