Kommentar schwarz-gelbe Bildungspolitik: Hauptsache Gymnasium
Die Bürger misstrauen den Versprechen der Bildungsrepublik. Zu Recht, denn FDP und CDU lassen in ihren Programmen zentrale Gerechtigkeitsfragen offen.
S pätestens wenn das Kind in die Schule kommt, packt auch den lässigsten Linken das Umzugsfieber. Weil die Wohnung zu eng wird? Nein, weil die Schule im bunt gemischten Einzugsgebiet doch einen verdächtig hohen Anteil an Kindern aus staatlich alimentierten Clans aufweist, gern auch als "bildungsfern" tituliert. Und fragt man Eltern, ob ihr Kind später aufs Gymnasium gehen soll, antwortet die Mehrheit mit Ja. Die Bürger misstrauen den Versprechen der Bildungsrepublik. Zu Recht.
Dabei werden die Regierungsparteien ebendieses Versprechen auf ihren Parteitagen erneuern. Die FDP bekennt sich qua Leitantrag zur "lernenden Gesellschaft", die CDU zur "Bildungsrepublik Deutschland". Aber beide Parteien lassen in ihren Programmen zentrale Gerechtigkeitsfragen offen. Zwar beruft sich die CDU auf das "Recht auf Bildung", die FDP begreift "Bildung als Bürgerrecht" - aber beide konkretisieren kaum, wie das verwirklicht werden soll.
Deutschland ist ein Industrieland, in dem der Bildungserfolg überdurchschnittlich eng mit der Herkunft verknüpft ist. An den Übergängen - von der Kita in die Schule und von der Grundschule in die weiterführende Schule - wirken soziale Ausleseprozesse am stärksten.
ist Bildungsredakteurin der taz.
An diesem Klassencharakter des Bildungssystems halten CDU und FDP fest, indem sie ausdrücklich das Gymnasium als Schnellzug zur Hochschulbildung stärken - eine Schulform, die Schüler aussondert und nach unten durchreicht. Um das Gymnasium zu retten und dem Streben nach Gemeinschaftsschulen einen Riegel vorzuschieben, hat sich die CDU sogar unter Schmerzen von der Hauptschule verabschiedet. Das Abstellgleis Förderschule - die drei Viertel der Schüler ohne Schulabschluss entlässt - soll dagegen bleiben.
Bildungsgerechtigkeit? Von wegen. Bürger, bleibt wachsam.
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