Kommentar (s.S.34): Politischer Autismus
■ Häfensenator verbockt Ansiedelung
Das Zementwerk kommt nicht nach Gröpelingen, es kommt wahrscheinlich nicht nach Vegesack und Farge, und fast könnte man heute schon sagen: „Zementwerk in Weyhe angesiedelt, Bremen muß Millionen für Schadensersatz zahlen“. Ist die Stadt verrückt geworden, daß sie die Ansiedlung eines Millionenobjekts mit doch einigen Arbeitsplätzen schlankweg ablehnt? Und haben Uwe Beckmeyer und sein Staatsrat Gerd Markus nicht recht, wenn sie gegen alle Widerstände in der Koalition und von Beiräten und aus der eigenen Partei zäh an dem Projekt festhalten?
Stimmt schon, aber warum es so kommen mußte erklärt das gar nicht, denn: Den politischen Sturm, der Beckmeyer und Co. ins Gesicht bläst, den hat er selbst ausgelöst. Stichwort: politischer Autismus. Wenn ein Senator weiß, daß er bei seinen SenatskollegInnen aus vielerlei historischen Gründen schlechte Karten hat, mit seinen Ideen durchzukommen; wenn er weiß, daß beispielsweise ein Wirtschaftssenator es gar nicht gerne sieht, wenn der Hafensenator Neben-Wirtschaftssenator spielt; wenn er irgendwie ahnen kann, daß ein Zementwerk Ängste bei der Bevölkerung weckt – dann muß er seinen Plan ordentlich kommunizieren. Politik ist mehr, als nur eine Idee haben, man muß auch Mehrheiten finden. Also: Ist die Stadt verrückt geworden? Vielleicht, aber dann ist sie auch von Beckmeyer und Co. in den Wahnsinn getrieben worden. Jochen Grabler
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