piwik no script img

Kommentar rot-rot-grüner Think-TankLinke Schnittmengen gesucht

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Ja, es braucht eine Lobbygruppe für linke Politik. Statt die Differenzen zwischen den Parteien zu betonen, suchen die Mitglieder des linken Instituts das Verbindende.

Braucht es eine Lobbyorganisation für linke Politik? Ja, die braucht es dringend. Denn der neoliberale Diskurs wurde und wird in Deutschland mit massiven Mitteln vorangetrieben: 8,3 Millionen Euro gibt allein die wirtschaftsnahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft jährlich für ihre Kampagnen aus. Das geht so weit, dass sie ihre Botschaften sogar gegen Geld in der ARD-Vorabendserie "Marienhof" platzieren ließ. Dagegen braucht es Gegenstimmen.

Es ist daher gut, dass sich nun mit dem Institut Solidarische Moderne (ISM) eine Lobby formiert, die als Schnittstelle zwischen Parlamenten, Wissenschaft und sozialen Bewegungen fungiert, sich der subtilen Propaganda des neoliberalen Programms entgegenstellt und für ein neues, rot-rot-grünes Bündnis kämpft. Dieses Projekt muss man nicht verklären: Das Institut Solidarische Moderne ist nicht mehr als ein pragmatischer Zusammenschluss linker PolitikerInnen aus SPD, Grünen und Linkspartei. Sie suchen den Schulterschluss mit WissenschaftlerInnen und sozialen Initiativen. Es ersetzt nicht die Aktivitäten in den Betrieben, an den Stammtischen und auf der Straße.

Bild: taz

Martin Kaul ist Bewegungsredakteur der taz.

All die Bewegten, die dort unterwegs sind, können vom instrumentellen Pragmatismus der neuen Lobby aber durchaus lernen. Statt die Differenzen zwischen den Parteien zu betonen, suchen die PolitikerInnen und Mitglieder des Instituts konsequent das Verbindende. Das ist keinesfalls selbstverständlich: Vielerorts wird noch immer weniger über politische Inhalte gestritten als darüber, wer nun der bessere Linke ist.

Wer aber in Deutschland an der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse interessiert ist, sollte bündnisfähig sein. Das heißt nicht, die eigenen Überzeugungen aufzugeben. Aber, sie neben anderen stehen lassen zu können. Dieser pragmatische Umgang mit Unterschieden ist die Voraussetzung dafür, dass Alternativen auch mehrheitsfähig werden können. Und das wird höchste Zeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Martin Kaul
Reporter
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • JJ
    Jared J. Myers

    Ach, das ISM ist in aller Munde... die wichtigeren Fäden - um sie von den Speichelfäden zu unterscheiden - werden aber woanders gezogen:

     

    http://www.progressives-zentrum.org/dpz.php/cat/91/aid/541/title/Circle_of_Friends

     

    ... unter Mitwirkung Progressiver und sich progressiv Gebender, von neoliberalen Transatlantikern wie Jürgen Krönig ("die Zeit", London) über Ralf Fücks (Urgrüner, heute Chef der Heinrich-Böll-Stiftung), Leuten vom "Manager-Magazin" und von Privtunis bis zum "Freitag".

     

    Da spinnen sie weiter am "Newest Labour".

  • GP
    Gegen politischen Extremismus

    Das einzige was Frau Lügilanti noch tun kann um sich nicht völlig lächerlich zu machen, ist wohl zurück zur Lufthansa als Saftschubse.

     

    An alle Rot-Blutrot-Grünen Fanatiker:

     

    Wärt ihr denn auch so tolerant und aufgeschloßen, wenn plötzlich die CDU mit der NPD eine Koaltition einginge ???

     

    Wohl kaum. Ich auch nicht. Aber ich bin auch gegen jede Beteiligung der Rotfaschisten. Aber offenbar geht es vielen SPD- und Grünen-Anhängern nur um die Macht. Koste es was es wolle. Und wenn es Deutschland endgültig zerstört.

  • W
    wilko0070

    Hätte Ypsilanti auch nur ein bisschen Arsch in der Hose gehabt, hätte sie sich VOR der Hessen-Wahl für ein rot-rot-grünes Bündnis eingesetzt.

  • W
    W.B.

    Die Einsicht, dass Verbindende zu suchen, hat leider ziemlich lange gedauert.

    Dazu haben die neoliberalen / marktradikalen Einflüsterer nicht nur eine längere "Einwirkzeit" ihrer Botschaften gehabt, sondern sind auch noch breiter aufgestellt. So existieren neben der INSM noch zahlreiche weitere privatwirtschaftlich finanzierte "Denk-Panzer". Mit staatstragenden Bezeichnungen, wie "Konvent für Deutschland" oder "Bürgerkonvent" soll sicher eine gewisse Pluralität und mit Namen wie "Institut neue soziale Marktwirtschaft" eine scheinbare wissenschaftliche Neutralität vorgetäuscht werden.