Kommentar rot-rot-grüner Think-Tank: Linke Schnittmengen gesucht
Ja, es braucht eine Lobbygruppe für linke Politik. Statt die Differenzen zwischen den Parteien zu betonen, suchen die Mitglieder des linken Instituts das Verbindende.
Braucht es eine Lobbyorganisation für linke Politik? Ja, die braucht es dringend. Denn der neoliberale Diskurs wurde und wird in Deutschland mit massiven Mitteln vorangetrieben: 8,3 Millionen Euro gibt allein die wirtschaftsnahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft jährlich für ihre Kampagnen aus. Das geht so weit, dass sie ihre Botschaften sogar gegen Geld in der ARD-Vorabendserie "Marienhof" platzieren ließ. Dagegen braucht es Gegenstimmen.
Es ist daher gut, dass sich nun mit dem Institut Solidarische Moderne (ISM) eine Lobby formiert, die als Schnittstelle zwischen Parlamenten, Wissenschaft und sozialen Bewegungen fungiert, sich der subtilen Propaganda des neoliberalen Programms entgegenstellt und für ein neues, rot-rot-grünes Bündnis kämpft. Dieses Projekt muss man nicht verklären: Das Institut Solidarische Moderne ist nicht mehr als ein pragmatischer Zusammenschluss linker PolitikerInnen aus SPD, Grünen und Linkspartei. Sie suchen den Schulterschluss mit WissenschaftlerInnen und sozialen Initiativen. Es ersetzt nicht die Aktivitäten in den Betrieben, an den Stammtischen und auf der Straße.
Martin Kaul ist Bewegungsredakteur der taz.
All die Bewegten, die dort unterwegs sind, können vom instrumentellen Pragmatismus der neuen Lobby aber durchaus lernen. Statt die Differenzen zwischen den Parteien zu betonen, suchen die PolitikerInnen und Mitglieder des Instituts konsequent das Verbindende. Das ist keinesfalls selbstverständlich: Vielerorts wird noch immer weniger über politische Inhalte gestritten als darüber, wer nun der bessere Linke ist.
Wer aber in Deutschland an der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse interessiert ist, sollte bündnisfähig sein. Das heißt nicht, die eigenen Überzeugungen aufzugeben. Aber, sie neben anderen stehen lassen zu können. Dieser pragmatische Umgang mit Unterschieden ist die Voraussetzung dafür, dass Alternativen auch mehrheitsfähig werden können. Und das wird höchste Zeit.
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