Kommentar öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Leider nicht abwählbar
Korruption und Filz scheinen zum Alltag der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu gehören. Das Problem ist jedoch nicht das Versagen Einzelner, es ist das System.
D as System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss man sich wie eine Partei vorstellen, die einfach schon zu lange regiert. Mit jeder Menge Filz und Vetternwirtschaft. Hin und wieder fliegt halt mal einer oder eine auf, der die vermeintliche Allmacht zu dreist ausnutzte.
Doris Heinze, die frühere Fernsehspielchefin des Norddeutschen Rundfunks, war so jemand. Vor ihr waren in den vergangenen Jahren bereits die ehemaligen Sportchefs des Hessischen und des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Jürgen Emig und Wilfried Mohren, verurteilt worden.
Beide bekamen von Sponsoren Geld für die Übertragung von Sportveranstaltungen. Beide steckten das Geld in die eigenen Taschen. Und auch beim vom MDR gelenkten Kinderkanal KiKa schaffte es ein Herstellungsleiter, über fingierte Rechnungen Millionen einzusacken.
ist Medienredakteur der taz.
Die Sender sehen sich in all diesen Prozessen als Opfer. Dabei kommen die Kammern stets zu dem gleichen Schluss. Die Richterin im KiKa-Verfahren formulierte ihn am prägnantesten: Das Gericht würde sich wünschen, dass der MDR so intensiv kontrolliere, wie die GEZ Gebühren eintreibe.
Heinze habe Karrieren machen können, sagte eine Mitangeklagte über sie. Zerstören konnte sie Karrieren demnach auch. Beim NDR scheint das niemanden ernsthaft gestört zu haben. Kontrollmechanismen hat es entweder nicht gegeben oder sie wurden nicht angewandt.
Heinze ist nun raus, Mohren, Emig und die KiKa-Betrüger auch. Doch das System bleibt. Denn den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann niemand abwählen.
Im Gegenteil: ARD und ZDF bekommen mit der neuen Haushaltsabgabe ab 2013 ein noch stabileres Fundament für das eigene Treiben. Dieses „einfachere und gerechtere Modell“ würde die Kontrollbedürftigkeit deutlich reduzieren, hieß es bei dessen Vorstellung.
Hoffentlich meinten die Initiatoren damit nur die GEZ-Schnüffler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen