Kommentar neue baskische Regierung: Autonomie ohne Ideologie

Im Baskenland regieren nun die Nichtnationalisten. Die ETA spricht gar von "Repression". Faktisch wird sich aber nichts an der Autonomie ändern, nur ihre Ideologisierung fällt weg.

Das Einparteiensystem im Baskenland ist Geschichte. Die Baskische Nationalistische Partei (PNV) wird von den Sozialisten unter Patxi López abgelöst. Dies bedeutet einen tiefen Einschnitt in das bisherige Verständnis der Autonomie.

Mit der ersten nichtnationalistischen Regierung wird sichtbar, was die PNV von jeher ignorierte und leugnete: Nicht alle Basken sind für die Unabhängigkeit, und die Nichtnationalisten sind endlich in der Mehrheit.

Was die PNV als dramatische Entwicklung sieht, wird keine sein. Denn für die Menschen wird sich nur wenig ändern. Sie werden mehr Freiheiten bekommen, wenn es um die Sprache geht, in der sie ihre Kinder ausbilden lassen wollen oder derer sie sich auf der Arbeit bedienen. Doch an der Förderung des Baskischen wird sich nichts ändern. Genauso wenig an der Autonomie. Auch wenn López die ETA mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen möchte, wird er mit Argusaugen über die Sonderrechte des Baskenlandes wachen, ohne dass er ständig von mehr Eigenständigkeit oder Unabhängigkeit reden oder gegen die spanische Verfassung verstoßen wird.

Für den bisherigen PNV-Ministerpräsidenten Ibarretxe ist der Pakt der Sozialisten mit den Konservativen, der den Regierungswechsel ermöglichte, "das Gründungsdokument einer Frontregierung". Für die ETA gar "eine repressive Strategie des spanischen Staates". Diese Vorwürfe zeigen, dass die Nationalisten nichts mehr fürchten als den Verlust des großen Gegners, den sie in Madrid ausmachen. Weder wollen sie die Spaltung der Bevölkerung überwinden, wie es López verspricht, noch die Realität anerkennen, dass der Nationalismus im Baskenland abgewählt wurde. Sie wollen um jeden Preis verhindern, dass die Basken einfach Basken sein können, ohne ihre Besonderheiten wie Sprache, Kultur und Bräuche ständig zu ideologisieren.

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Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

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