Kommentar erneuerbare Energien: Deutschlands große Chance
Weltweit werden nur 0,4 Prozent an erneuerbaren Energien für die Stromproduktion genutzt. Deutschland könnte nun zeigen, dass grüne Energie trotzdem funktioniert.
W enn in Deutschland von erneuerbaren Energien gesprochen wird, dann von Windrädern, Solardächern und Biogasanlagen. Der UN-Klimarat IPCC hat jetzt ausgerechnet, wie weit diese Technik weltweit in der Stromproduktion eingesetzt wird. Es sind nur 0,4 Prozent.
Ist also alles umsonst? Während Deutschland gut grünbürgerlich über den Atomausstieg palavert, geht es weltweit bergab? Mitnichten. Betrachtet man die Zahlen über globalen Energieverbrauch genau, hat die Welt still und heimlich in der Stromerzeugung einen Wendepunkt erreicht. Für Deutschland schlummert hier eine gewaltige Chance, wirtschaftlicher und politischer Natur.
Der Ausbau regenerativer Energien explodiert auf dem Globus geradezu. Ausgerechnet im Wirtschaftskrisenjahr 2009 legten Solarstrom um 53 Prozent, Windkraft um 32 Prozent und solare Wärme um 21 Prozent zu. Spitzenreiter übrigens: USA und China. In Fernost baut man jede Woche ein Kohlekraftwerk? Die Wahrheit lautet: Ein Viertel der Kapazität der weltweit neu errichteten Kraftwerke sind Windräder, ein weiteres Viertel aus anderen regenerativen Quellen, laut "Renewable Energy Policy Network".
INGO ARZT ist Redakteur im Umwelt- und Wirtschaftsressort der taz.
Die Frage ist, ob das ausreicht, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Dafür ist laut IPCC ein "Strukturwandel" nötig. Sprich: Fabriken für Windräder und Solarmodule sind nur ein erster Schritt. Um aus erneuerbaren Energien nicht nur ein nettes Zubrot, sondern einen Ersatz für Kohle, Öl und Atom zu machen, fehlt ein Vorreiter. Ein großes Industrieland, das zeigt, dass sich Mobilität, Wachstum und Lebensgewohnheiten auf grüne Energie umstellen lassen und dass das auch noch ein gutes Geschäft ist.
Deutschland könnte diesen Beweis antreten, politischer Vorreiter werden und profitieren: wenn allmählich aus 0,4 Prozent 40 werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“