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Kommentar Windpark-InvestorenWindige Heuschrecke

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

So genannte Heuschrecken reißen sich Windparks in Deutschland unter den Nagel. Doch das vernichtet keine Arbeitsplätze, sondern schafft welche.

Jetzt reißen sich die sogenannten Heuschrecken wie die US-Beteiligungsgesellschaft Blackstone auch noch Windparks in Deutschland unter den Nagel. Das klingt beängstigend, genießt die Beteiligungsbranche doch einen miserablen Ruf. Zu gut ist in Erinnerung, dass Finanzinvestoren Unternehmen kauften und ohne Rücksicht auf die Belegschaft oder gar die Umwelt auf Rendite trimmten und dann schnell wieder abstießen. Droht dieses Schicksal nun der Windenergiebranche?

Wahrscheinlich nicht. Windparks auf hoher See sind ein Geschäft, das in Deutschland erst im Aufbau ist. Bisher gibt es kein einziges Projekt, das schon Strom liefert. Wenn Blackstone jetzt tatsächlich in ein Vorhaben in der Nordsee investiert, würde die Firma Arbeitsplätze nicht vernichten, im Gegenteil, sie würde sie schaffen.

Auch die Umwelt könnte von einem solchen Engagement profitieren. Große Windkraftwerke werden gebraucht, um die klimaschädliche Kohleenergie zu ersetzen. Dafür bieten sich Standorte auf hoher See an, da der Wind dort besonders stark ist. Außerdem gibt es an Land weniger Platz, und viele Anwohner wehren sich, weil die Kraftwerke die Landschaft verschandeln. Auf hoher See sieht das anders aus. Zwar gibt es auch dort Umweltprobleme: Vögel könnten mit den Rotoren kollidieren. Aber die Kraftwerke ließen sich jenseits der Vogelzugrouten aufstellen.

Das größte Problem war bisher, dass Offshore-Windparks sehr teuer sind. Sie müssen extrem stabil sein, die Wartung ist schwierig. Der Aufwand, ein Kabel für die Übertragung des Stroms von der Anlage ans Ufer zu legen, lohnt sich nur, wenn man gleich sehr viele Kraftwerke baut. Da werden Milliarden Euro fällig - zu viel für kleine und mittlere Unternehmen. Die großen Energieversorger aber investieren bisher nur zaghaft. Man darf bezweifeln, ob diese Atom- und Kohlebefürworter überhaupt große Windkraftwerke wollen. Blackstone ist da unverdächtig. Die Aktiengesellschaft muss mit ihren Investitionen Geld verdienen. Und wenn sie es jetzt mit einer umweltfreundlichen Technik tut - um so besser. JOST MAURIN

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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1 Kommentar

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  • UG
    Ulf Gerder

    Sehr geehrter Herr Maurin,

     

    Sie gehen in Ihrem Offshore-Kommentar davon aus, dass an Land weniger Platz für Windenergieanlagen sei als auf hoher See. Das ist so nicht richtig. Aktuell drehen sich in Deutschland an Land knapp 20.000 Windräder mit einer installierten Leistung von etwa 23.000 MW - so viel wie in keinem andenen Land weltweit.

    In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt werden rund ein Prozent der Landesfläche für die Windenergienutzung reserviert. Unter der Prämisse, dass 1 % der gesamten Landesfläche Deutschlands Eignungsflächen für Windenergie sein können, sind 60.000-70.000 MW installierte Leistung an Land ein realistisches Ziel für die nächsten 20 Jahre. Es geht also nicht um die Frage Windkraft an Land oder auf See, sondern darum zusammen bis 2020 jede vierte Kilowattstunde Strom aus einer Windenergieanlage zu erzeugen, um Ersatz für die Atomkraft zu garantieren und den Neubau neuer fossiler Kraftwerke überflüssig zu machen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Ulf Gerder

    Pressesprecher des Bundesverbands WindEnergie