Kommentar West-LB: Minus 21.000 Stellen

Der Stellenabbau der West-LB zeigt die Krise der Deutschen Banken - in Strukturwandel im Kreditgewerbe zeichnet sich ab.

Zwei Banken, zwei Schlagzeilen: Am Donnerstag konnte die Deutsche Bank mit einem Milliardengewinn prunken - und am Freitag wurde nun endgültig gewiss, dass die westdeutsche Landesbank 1.500 Stellen "sozialverträglich" abbauen muss. An der Oberfläche scheinen sich diese beiden so widersprüchlichen Nachrichten sehr einfach deuten zu lassen: Die Deutsche Bank hat eben erfolgreich spekuliert und die West-LB danebengegriffen.

Tatsächlich rumort es jedoch im gesamten Bankensektor, wie eine Zahl zeigt, die im Wust anderer Statistiken meist untergeht. Diese Zahl findet sich einmal monatlich im Bericht der Bundesagentur für Arbeit, und für Januar lautet sie: "minus 21.000". So viele Stellen haben Banken und Versicherungen im letzten Jahr abgebaut. Anders als bei der West-LB vollzieht sich dieser Jobverlust jedoch oft geräuschlos - werden Beschäftigte einfach nicht mehr ersetzt, die ausgeschieden sind.

Dieser Stellenschwund markiert einen Minus-Rekord; keine andere Branche trennt sich derart rasant von ihren Mitarbeitern. Im Gegenteil. Fast alle Sektoren expandieren. Bundesweit stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im letzten Jahr um rund zwei Prozent.

Die West-LB ist nur das Symptom einer Branchenkrise, die viel tiefer reicht: Im europäischen Vergleich hat Deutschland noch immer sehr viele Banken - und nun wird ausgesiebt. Die Landesbanken trifft es nur als Erstes, weil sie das schwächste Glied in der Kette sind. Sie haben meist keinen direkten Zugang zu den Kunden, denn die werden schon von den Sparkassen bedient. Und als Finanziers für ambitiöse Projekte ihrer Ministerpräsidenten werden die Landesbanken auch nur noch selten benötigt. Also blieb nur die verzweifelte Spekulation auf den internationalen Anlagemärkten, um den Gewinn zu steigern.

Vorerst mag die West-LB gerettet sein. Aber das ist letztlich ein Detail, das den Strukturwandel im Kreditgewerbe nicht aufhalten wird. Unauffällig, aber stetig wird sich dies auch in den Minusrekorden bei der Bundesagentur niederschlagen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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