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"Wenn schon so ein Schulversuch, warum nicht auch das ausprobieren?"
Ganz einfach, weil
- Esoterik nicht mit einem humanistischem Bildungsideal verinbar ist.
- weil Waldorf sich auf Steiner beruft, dessen rassistische und Antisemitischen Schriften auch blauäugigen Apologeten (hoffentlich) bekannt sein dürften.
- weil es nicht nur der Vernunft, sondern auch der Gerechtigkeit widerspricht, wenn Waldorf-Lehrer ihre Schüler_innen nach "Charaktertypen" einordnen, erkennbar an deren Aura.
- weil moderne und kritische Bildung nicht mir einem Dogmatischen, unhinterfagbarem Weltbild vereinbar sind. Steiner hat seine "Weisheiten" und Anleitungen zur Kindererziehung aus den Ashoka-Chroniken, welche Eingeweihte in den Tiefen des Universums erspähen. Da kann man als Uneingeweihter schlecht mitdiskutieren.
- Weil Bildung auch beinhaltet, eine kritische Haltung entwickeln können zu dürfen; was den esoterischen, sprich unhinterfragbaren Weltanschaungen und Erklärungsmustern widerspricht, etwa dass die momentane Reinkarnation determiniert ist vom letzten Leben.
Ich finde es Unmöglich, dass die "Walddorf-Bewegung" jetzt schon an staatliche Schulen überzuschwappen droht. Das gerne benutzte Argument, es würden ja nur die sinnvolen Methoden und Konzepte dieser Pädagogik übernommen ist Unsinn, denn dann braucht es ja auch keine Waldorf-Pädagogik, die nun mal nicht zu trennen ist von ihrer Weltanschaung und dogmatischem Hintergrund. Da könnte man auch argumentieren, die Hitlerjugend hatte auch tolle Methoden: mit Kindern die Natur erkunden, Geneinschaftsgefühl, geminsames singen.
Ich finde es wirklich bedenklich, wie die allermeisten Artikel in der TAZ so unreflektiert mit dem Thema ungehen. Der Artikel "Grundschule mit Astralleib" von Bernd Kramer bildet da eine sehr einsame Ausnahme.
Als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern habe ich die Schnauze mehr als voll vom "...mal ausprobieren. " und im Übrigen war ich 1978 sehr froh, als das gemeinsame Lernen endlich vorbei war. Meinen Kindern ging es 2005 und 2007genauso.
Klimaaktivisten der Letzten Generation kleben sich auf den Hamburger Elbbrücken fest. Ein Trucker rastet aus und tritt einem Blockierer in den Bauch.
Kommentar Waldorfschule: Wenn schon, denn schon
Auch das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 12 sollte ausprobiert werden
Schon geschickt von der Hamburger Schulbehörde: Statt die Gründung von Privatschulen zu verbieten, werden die Initiatoren eingeladen, es gemeinsam zu versuchen. Eine Waldorfschule unter staatlichen Dach hat es noch nicht gegeben. In einigen Monaten wird man sehen, wie viel Waldorf da drin ist.
Es gibt eine Grenzlinie: pädagogische Praxis übernehmen, ja; aber esoterische Inhalte haben an einer staatlichen Schule nichts zu suchen. Die Feinarbeit im Konzept muss erweisen, ob es hier echte Hindernisse gibt.
In Wahrheit haben Staatsschulen schon längst viele gute Ideen von Waldorf abgeguckt: Englisch lernen ab Klasse 1 zum Beispiel, die Rhythmisierung des Unterrichts, die Einführung von Praktika und dass jedes Kind ein Instrument lernt – all dies gab es zuerst bei Steiners.
Nur das gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 12 ist ein Ladenhüter. Dabei ist es in Zeiten, in denen die meisten Haupt- und Realschulabgänger keine Lehrstelle bekommen und deswegen in Übergangsmaßnahmen verweilen, sinnvoller denn je. Der durchschnittliche Lehrling fängt erst mit über 20 an. Staatliche Schulen schicken jene, die am wenigsten gelernt haben, am frühesten in die Selbstständigkeit. Das ist absurd.
Waldorf hat jedem Kind ein zwölfjähriges Curriculum zu bieten, vom Landbaupraktikum bis zur Faust-Aufführung ist da Spannendes drin. Wenn schon so ein Schulversuch, warum nicht auch das ausprobieren?
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Kommentar von
Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
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Kaija Kutter
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