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Ich hatte auch einmal die SPD gewählt, in der Hoffnung, dass die SPD etwas für die 99 Prozent der Menschen in diesem Land tut. Statt dessen bekamen wir einen "Kanzler der Bosse" und Agenda Hartz IV.
Leider werden auch diesmal nach der Wahl viele Menschen von den Sozialisten enttäuscht werden.
Es ist wie immer: Jedes Mal meinen die Menschen mit neuen Köpfen an der Staatsspitze werde sich alles zum Besseren wandeln, und jedes Mal sind sie nach kurzer Zeit enttäuscht. So wird es wohl auch diesmal kommen. Mitterand versprach soziale Gerechtigkeit (auf die wir heute noch warten), Chirac sorgte sich wegen dem "sozialen Bruch" in der Gesellschaft (heute tiefer und chronischer denn je), und Sarkozy versprach das Blaue vom Himmel.
Und heute fehlt ausserdem noch das Geld und der Wille zur Mitarbeit der Wohlhabenden, um für soziale Gerechtigkeit zu sorgen,........ ausser, es gäbe wieder einmal eine Revolution.
Die Finanz- und Wirtschaftslobbyisten würden Hollande lebendig verspeisen, wenn sie könnten. Aber sie haben momentan keine Chance dazu. Am ehesten könnten sie noch Marine Lepen aufwerten und ausstatten, aber sie könnte dann tatsächlich gewinnen und das wiederum birgt zuviele Risiken. Die Frage ist ja, was ist das Projekt von Francois Hollande? Im Grunde genommen ist er irgendwo im Nebel der PS - seine Chance heißt einfach: Sarkozy. Der Mann ist am Ende, seine Versprechungen waren NICHTs.
Weder konnte er die Gewalttäter aus den Vorstädten integrieren, noch stoppen, noch konnte er dort überhaupt eine Veränderung bewirken. Seine Wirtschaftspolitik ist krude Politik für eine Miniklasse und seine Außenpolitik ein bizarrer Zick-Zack-Kurs ohne klare Linie. Mit Angela Merkel hat er den Euro in die Krise geführt, anstelle ihn zu sichern. Jugendarbeitslosigkeit und überhaupt wirtschaftliche Probleme prägen Frankreich - irgendeine Art von Aufbruch ist bei ihm jämmerlich versunken.
Dagegen könnte eben fast jede® gewinnen, auch Marine Lepen, wenn sie sich ein wenig zwischen Rechtskonservatismus und Mittepopulismus positioniert. Immerhin hat sie nicht die Fehltritte ihres Vaters auf dem Konto, auch wenn sie selber viele seiner Talente auch nicht hat.
Die Ereignisse des 7. Oktober markieren eine Zeitenwende – auch für Linke. Wie der Hamas-Terror gegen Israel das Bewusstsein des Westens verändert.
Kommentar Wahlen Frankreich: Punktsieg für den Sozialisten
François Hollande träumt von Größerem für Frankreich und Europa. Er wirbt für soziale Gerechtigkeit, auch wenn die Mittel für große Reformen fehlen.
Vielleicht ist der Job des Präsidentschaftskandidaten doch ein paar Nummern zu groß für den Ex-Parteichef der Sozialisten? Viele, auch viele Linke, haben sich das in der letzten Zeit gefragt. Mit dem gestrigen Auftakt seiner Präsidentschaftskampagne in Le Bourget aber gewann François Hollande die Skeptiker im eigenen Lager für sich. Dieser Mann ist jovial, sympathisch und witzig – das wusste man längst. Jetzt zeigte er, dass er auch über Biss und Courage verfügt. Womöglich ist er also gar nicht so kleinkariert, wie es ihm seine Gegner gern nachsagen.
Denn offenbar träumt auch Hollande von Größerem für Frankreich und Europa. Dabei schwelgt er nicht (nur), wie andere Kandidaten, in nostalgischen Erinnerungen vergangener Grandeur. Frankreichs revolutionäre Seele, sagt Hollande, strebe nach Gleichheit. Tatsächlich kann der Slogan von der Egalité in diesen Krisenzeiten und in diesem Land eine enorme Schlagkraft entwickeln. Zumindest dann, wenn der Slogan zum Programm wird, also von den Sozialisten wieder zur Maxime des politischen Handelns erhoben wird.
Die Opfer der Krise werden im Präsidentschaftswahlkampf von diversen Rächern der Enterbten umworben. Auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen biedert sich in geradezu unverschämter Weise dem Proletariat als neue (Wort-)Führerin der französischen Arbeiter an. Sie aber verheißt mit ihrem fremdenfeindlichen Nationalismus nur neue Ungleichheit, neuen Hass und neuen Neid.
Der Kampf für Gleichheit, Gleichberechtigung und faire Chancen erlaubt es dagegen dem Sozialisten, für soziale Gerechtigkeit zu werben, auch wenn die Kassen des Staates leer sind, also die Mittel für große Reformen fehlen. Hollande hat zum Start seiner Kampagne in Le Bourget der mächtigen Finanzwelt, die er als seinen "wahren Gegner" bezeichnet, eine Kriegserklärung vor die Füße geworfen. In aller Deutlichkeit hat er sich damit von Sarkozy, dem Busenfreund der Milliardäre, abgegrenzt. Falls die Umverteilung tatsächlich auf Kosten der bisher Privilegierten gehen soll, wie dies Hollande verspricht, würde das die existierenden Machtverhältnisse umkrempeln. Es bleibt also abzuwarten, ob der Mann aus der Corrèze als Präsident das Format seiner Kandidatenträume hat.
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Kommentar von
Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.