Kommentar Waffen im Kongo: Fahrlässig blindes Vertrauen
Die Uno gibt die Kontrolle über Waffen und Menschenrechte im Kongo auf - in beängstigendem Tempo. Denn: Der Kongo ist ein souveräner Staat. Doch weit entfernt von Perfektion.
Dominis Johnson ist Afrikaexperte der taz und Redakteur im Auslands-Ressort.
Die internationalen Kontrollmechanismen für die Demokratische Republik Kongo fallen, einer nach dem anderen, in beängstigendem Tempo. Letzte Woche beendete der UN-Menschenrechtsrat das Mandat seines Sonderberichterstatters über die Menschenrechtslage im Kongo, jetzt hat der UN-Sicherheitsrat die letzten Beschränkungen für Waffenverkäufe an Kongos Regierung aufgehoben. Die beiden Beschlüsse sind gegen den Rat der zuständigen UN-Experten erfolgt.
Die Begründung: Der Kongo ist ein souveräner Staat und hat eine gewählte Regierung. Abgesehen davon, dass es keine internationale Beschlusslage gibt, wonach die Abwesenheit von demokratischen Wahlen automatisch ein UN-Waffenembargo und einen Sonderbeauftragten für Menschenrechte bedeutet, zeugt diese Sichtweise von einem schon fahrlässig blinden Vertrauen in einen noch sehr unfertigen Stabilisierungsprozess. Seit den Wahlen 2006 sind im Kongo mehr Menschen staatlicher Repression und Gewalt zum Opfer gefallen als in den drei Jahren des Friedensprozesses davor - bei blutigen Kämpfen mitten in der Hauptstadt samt Massenhinrichtungen, bei Razzien und Überfällen unkontrollierter Sicherheitskräfte, bei brutalen Vorgehen gegen Aufständische in verschiedenen Landesteilen. Jeden Monat identifiziert die UN-Mission im Kongo die Regierungsarmee als größten Menschenrechtsverletzer im Land.
Die internationale Gemeinschaft hat im Kongo die größte UN-Blauhelmmission der Welt stehen und überwachte dort 2006 die teuersten international organisierten Wahlen der Geschichte. Sie steht in der Pflicht, dem Land zu helfen, auch nach den Wahlen Kurs zu halten. Kongos Politiker gestehen bereitwillig ein, dass sie noch Jahre davon entfernt sind, funktionierende Streitkräfte zu besitzen oder ihr gesamtes Staatsgebiet zu kontrollieren. Frieden zu sichern müsste da heißen, Kontrollen und internationales Engagement auszuweiten, statt es zu beenden. Das wäre ein Vertrauensbeweis in die Fähigkeit des Kongo, ausländische Unterstützung vernünftig verwenden zu können.
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