Kommentar Volksgesetzgebung: Diktatur der Querulanten
Der Kompromiss zwischen der Bürgerschaft und dem Verein Mehr Demokratie hat viele gute Aspekte und einen Schwachpunkt: Es wird weiterhin keine Quoren geben.
D ie bevorstehende Einigung zwischen der Bürgerschaft und dem Verein Mehr Demokratie ist ein Kompromiss mit vielen guten Aspekten und einem Schwachpunkt. Auch künftig wird es bei bezirklichen Bürgerentscheiden kein Mindestquorum für Abstimmungsbeteiligung oder Zustimmung geben. Das ist ein eklatanter Mangel für die Legitimation von Bürgerentscheiden.
Positiv ist, dass die Regeln präziser und juristisch verlässlicher werden. Die Vereinbarung enthält etwa ein Dutzend sinnvoller Neuerungen. Die Einführung von Quoren indes hat Mehr Demokratie verhindert. Und das ist aus Sicht des Vereins nur zu verständlich.
Zu groß ist die Befürchtung, Bürgerentscheide könnten an mangelnder Beteiligung scheitern. Das ist nahe liegend angesichts von Referenden, an denen kaum jemand teilnahm. Wenn aber ein Thema von so geringem Interesse ist, ist es eben keines.
Dieses sinnvolle Instrument der Bürgerbeteiligung darf nicht zur Diktatur der Querulanten führen. Ohne ein Minimum an demokratischer Legitimation entwerten Bürgerentscheide sich selbst.
Die direkte Demokratie ist eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie, nicht deren Aushebelung. Sie ist notwendig zur Kontrolle der Mächtigen. Kontrolliert werden müssen aber auch die Kontrolleure.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau