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Kommentar Vokabular der FinanzkriseLieber umherhüpfen und singen

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

"Panik", der Dax "im freien Fall" und "gierige" Börsenmakler - die Metaphorik der Bankenkrise ist maßlos übertrieben. Dabei bringt Hektik rein gar nichts.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.

Im Zen-Buddhismus gibt es eine Technik, die heißt: "Übe dich im Nichtwissen". Immer dann, wenn man glaubt, zu irgendwas eine Meinung zu haben, sagt man sich stattdessen: "Weiß nicht", "keine Ahnung". So erlebt man die Welt täglich neu, ganz unschuldig. Die Finanzkrise wäre dann erst mal nur eine fallende DAX-Kurve in den Zeitungen, griesgrämige Gesichter im wohlhabenden Teil des Bekanntenkreises (geschieht denen recht!), Geschichten von einigen geprellten Anlegern und vor allem Medien und Politiker, die kaum noch über was anderes schreiben und reden als über "die Krise", die bald ganz schlimm kommt. Das ist ja auch ein interessantes Phänomen.

Denn derzeit fällt in der öffentlichen Debatte zweierlei auf: Es handelt sich zweifellos um komplexe Vorgänge. Je komplexer das Geschehen, desto stärker aber die Versuche der Medien, dies zu vereinfachen durch die Flucht ins Metaphorische, ins Biologische und Physikalische. Da entsteht an den Börsenmärkten eine "Panik", was eigentlich ein Gefühl von Todesangst und Kontrollverlust beschreibt, in dem man nicht unbedingt noch in der Lage ist, Aktien zu verkaufen. Der DAX befindet sich im "freien Fall", auch wenn er nur um sieben Prozent abrutscht. Bankmanager gelten als "gierig" wie charakterlich Deformierte aus einem Dostojewski-Roman. "Wir leben in nie dagewesenen Zeiten und wir brauchen eine bislang beispiellose weltweite Koordination", sagt EU-Präsident Barroso. Kleiner gehts nicht.

Aber das kann uns egal sein - wir loten cool die Handlungsspielräume aus. Das Bankdepot hektisch umzuschichten, bringt wenig. Wahl ist erst im nächsten Jahr, und im Moment sind ohnehin alle Politiker Rettungspaketeschnürer. Und überhaupt, die Panik: Wenn man sich im Gebirge verlaufen hat, ist das Wichtigste, nicht weiter umherzuirren, sondern dort zu bleiben, wo man am leichtesten gefunden werden kann. Auf und ab stapfen, hüpfen und singen halten dann am Leben. Zwischendurch eine Zen-Übung kann nicht schaden. In der Ruhe liegt der DAX. Dann sind wir erlöst. Alle.

BARBARA DRIBBUSCH

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

2 Kommentare

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  • M
    michaelbolz

    Der Artikel bleibt von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet merkwürdig seltsam. Das ist wohl seine Qualität. In einigen Punkten kann ich mit den Äußerungen nicht übereinstimmen. Der freie Fall findet statt. Von 5900 Punkten vor noch zwei, drei Wochen auf heute beinahe 4000 ist ein freier, durch einen Schirm gebremsten Fall. Die Panik ist nicht schönzureden und auch nicht absurd - sie stellt sich "Denen" als tatsächlich lebensbedrohlich dar - Ignoranz wäre absurd. Sollte das satirisch klingen wollen, ist es vielmehr absurd hier in dieser Art satirisch werden zu wollen. Und für Zynismus ist es zu wenig beißend (von Ironie oder Sarkasmus nicht zu sprechen). So bleibt der Kommentar immerhin nett.

    Und das Bergsteigermotiv? Jeder stitzt auf seinem eigenen Berg. Oder geht im Schwarzwald Kiefernadeln putzen.

  • GN
    Götz Niemann

    Liebe Frau Dribbusch,

    um ihr Gleichnis mit dem verirrten Bergwanderer aufzugreifen:

    Hier hat sich die gesamte Bergwacht inklusive aller Aufsichtsgremien hoffnungslos verstiegen und nicht ein einzelner Wanderer, der auf Rettung hoffen darf.

    Dennoch wird ein Teezemonie sicher nicht schaden; prost.