Kommentar Videoüberwachung: Rechtsfreie Räume

Den Verantwortlichen bei den Länderpolizeien ist bewusst, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen, wenn sie die mobilen Videokameras prophylaktisch bei Demos laufen lassen.

Eins ist klar: die Rechtslage. Das präventive Filmen von Teilnehmern einer Demonstration, die nichts Strafbares gemacht haben, ist rechtswidrig und verstößt gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht und das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Das haben Gerichte mehrfach entschieden, das Bundesverfassungsgericht hat es unterstrichen.

Da nützt es auch nichts, wenn nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Münster, die speziell den Einsatz mobiler Beweissicherungsfahrzeuge aufs Korn genommen hat, von Verantwortlichen die Floskel geäußert wird: Zwei Juristen – drei Meinungen. Den Verantwortlichen bei den Länderpolizeien ist bewusst, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen, wenn sie die mobilen Videokameras prophylaktisch bei Demos laufen lassen – aber eben nur gegen geltendes Verwaltungsrecht.

Und da liegt das Problem. Wer bei Rot über die Ampel geht, kassiert ein Bußgeld. Wer jemandem eins auf die Nase haut, muss eventuell sogar ins Gefängnis. Wer jemanden beim Autoverkauf bewusst betrügt, muss zivilrechtlich mit Regress rechnen.

Doch im Verwaltungsrecht gibt es keine Sanktionen, nur einen Tadel. Und darum wird nach dem Prinzip gehandelt. „Legal, illegal, scheißegal.“ Wenn die Politik nicht einschreitet, wird es weiterhin rechtsfreie Räume für die Staatsgewalt geben – und Grundrechtseinschränkungen für Demonstranten.

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Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung

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