Kommentar Verkehrskampagne: Tiefensee setzt auf Todesanzeigen

Die neue Anti-Raser-Plakatkampagne ist nett, bringt aber nichts. Gegen die vielen Verkehrstote würde nämlich vor allem eines helfen: ein Tempolimit.

"Raser sind so sexy", "Raser sind so cool" - auf Werbeplakaten an Autobahnen zeigen derzeit junge Frauen und Männer mit eng beieinanderliegendem Daumen und Zeigefinger, was sie von Rasern halten. Diese Plakatmotive will Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nun austauschen. Künftig sollen Plakate, die wie Todesanzeigen gestaltet sind, auf die Folgen des Geschwindigkeitsrauschs hinweisen - und möglichen Opfern ein Gesicht geben. Das Ansinnen ist löblich, auch die Umsetzung der Werbekampagne ist ansprechend - aber mit Reklame allein lässt sich das Problem nicht lösen. Von der nahe liegenden Maßnahme, ein generelles Tempolimit in Deutschland einzuführen, wagt Tiefensee nicht zu reden. So wirkt seine Werbung schwach und fast schon zynisch.

Dabei ist es höchste Zeit zu handeln. Zwar hat die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in den vergangenen Jahren abgenommen, dieser Rückgang aber hat sich im letzten Jahr deutlich verlangsamt. 2007 kamen auf deutschen Straßen fast 5.000 Menschen ums Leben, die Zahl der Unfälle und der Verletzten sank nicht. Hauptursache für schwere Unfälle sind nach wie vor Raserei und Alkohol am Steuer.

Ein Tempolimit könne Fahren mit unangepasster Geschwindigkeit nicht überall verhindern, argumentiert Tiefensee, zum Beispiel auf der Landstraße oder in Tempo-30-Zonen. Das ist richtig, greift aber zu kurz. Ein Tempolimit könnte nämlich, von einer Kampagne unterstützt, einen generellen Imagewandel einleiten - cool wäre nicht mehr das schnelle, sportliche, aggressive Fahren, sondern das zivilisierte, defensive.

Wäre es so, ließen sich viele Umwelt-, Klima- und Verkehrsprobleme des Autoverkehrs zumindest begrenzen: Langsame Fahrzeuge brauchen weniger PS, weniger Treibstoff, weniger breite Straßen als schnelle; sie erhöhen die Sicherheit und die Kapazität des vorhandenen Straßennetzes. Viele Deutsche haben das längst begriffen, wie die steigende Zustimmung für ein Tempolimit in Umfragen zeigt. Diese Chance hätte Tiefensee nutzen können.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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