Kommentar Verbraucherschutz: Qualität bleibt Vertrauenssache
Juristischer Wirrwar, teils hohe Kosten und lange Wartezeiten: Das Verbraucherinformationsgesetz ist für Kunden alles andere als ermutigend. Machtlos ist er trotzdem nicht.
Tarik Ahmia ist Redakteur im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Eigentlich sollte es ein Grund zur Freude sein, wenn sich die Bundesregierung nach jahrelangem Gezerre endlich zu mehr Verbraucherschutz durchringt: Ein neues Gesetz soll ab sofort für mehr Kundenrechte sorgen - etwa, wenn betrügerische Firmen Gammelfleisch in den Verkehr bringen oder das Obst im Regal mit Pestiziden vergiftet ist. Seit heute können Verbraucher bei den Behörden Informationen zu Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs abfragen.
Sechs Jahre lang haben Regierung, Opposition und Industrie um das Gesetz gefeilscht. Das Ergebnis gleicht einer Farce. Das Verbraucherinformationsgesetz droht mit einem Wust aus juristischem Wirrwarr, bürokratischen Hindernissen und offensichtlicher Parteinahme für beschuldigte Unternehmen genau das Gegenteil seiner ursprünglichen Absicht zu erreichen. Denn nun können sich Firmen mit Hilfe ihrer Auskunftspflicht gänzlich entziehen - etwa, indem sie sich auf die im Gesetz verankerte Wahrung der "Betriebsgeheimnisse" berufen.
VerbraucherInnen müssen sich dafür nicht nur durch einen Paragrafendschungel kämpfen, sondern für ihre Anfrage auch noch mit Hunderten von Euro Verwaltungsgebühren bezahlen. Zudem können sich die Anfragen auf dem Verwaltungsweg über Monate hinziehen. Es ist absehbar, dass auf diesem Weg nicht mehr VerbraucherInnen ermutigt werden, ihre Rechte auf gesunde Lebensmittel wahrzunehmen, sondern weniger.
Dabei zeigen Beispiele wie Großbritannien und Skandinavien längst, wie man für effektive Verbraucherinformationen sorgen kann - etwa mit lachenden oder weinenden Smileys an Restauranttüren. Das deutsche Verbraucherinformationsgesetz dagegen beweist vor allem: Wirksamer Verbraucherschutz wird in Deutschland schamlos den Interessen der Wirtschaft untergeordnet.
Kunden und Kundinnen sind dennoch nicht machtlos. Ihnen bleibt nur, nicht länger auf den Gesetzgeber zu warten, sondern mit den Füßen abzustimmen. Ob Fleisch, Strom oder Obst: Gute Produkte gibt es nur bei Firmen, denen man vertraut. Und die haben ihren Preis, der meist höher als beim Discounter ist.
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