Kommentar Verbot von Ratingagenturen: Das Zeugnis kommt auf jeden Fall

Der Plan des EU-Kommissars Michel Barniers, private Ratingagenturen zu verbieten, scheint abenteuerlich. Eine Ratingpause könnte sinnvoll sein.

Die Wahrheit lässt sich allenfalls zeitweise unterdrücken. Daher mutet auch der Plan von EU-Kommissar Michel Barnier abenteuerlich an, den privaten Ratingagenturen zu verbieten, Qualitätsurteile über Staatsanleihen herauszugeben. In Ausnahmefällen könnte das Vorhaben dennoch hilfreich sein.

Dafür gab es in den vergangenen Monaten mehrere Beispiele. Während etwa die spanische oder die griechische Regierung einschneidende Sparprogramme vorbereiteten, um ihre Schulden zu verringern, senkten Ratingagenturen ihre Bewertung der jeweiligen Staatsanleihen. Das machte die Haushaltssanierung noch schwieriger, weil die Zinsen stiegen. Das schlechtere Rating durchkreuzte also eine an sich richtige Politik und - schob die entsprechenden Staaten näher in Richtung Pleite.

Doch das ändert nichts daran, dass besonders die drei marktbeherrschenden Ratingagenturen Standard & Poors, Moodys und Fitch für viele Investoren eine wichtige Rolle spielen. Denn sie sagen Kapitalgebern, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie verliehenes Geld zurückerhalten. Diese Einschätzungen sind manchmal subjektiv, oft fehleranfällig und immer vom Augenblick abhängig, in dem sie getroffen wurden.

Es kann also in bestimmten brenzligen Situationen gerechtfertigt sein, dass die EU-Kommission die Agenturen verpflichtet, für zwei Wochen Stillschweigen zu wahren. Auch Börsen unterbrechen den Handel, wenn eine Verkaufspanik ausbricht. Nach einer Ratingpause und dem Beschluss über ein Sparprogramm sieht die Lage der Regierung möglicherweise besser aus, als die frühere Stimmung erwarten ließ.

Dabei ist aber zweierlei zu beachten: Einmal lässt sich ein Verbot nicht lange aufrechterhalten - dann veröffentlichen die Agenturen wieder das, was sie richtig finden. Und: Halten sie die Lage des betreffenden Staates dann immer noch für miserabel, kommt das Zeugnis zwar später - aber die Noten fallen auch schlechter aus.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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