Kommentar Urteil Stadionverbote: Sträfliche Kontakte
Bereits der Aufenthalt in einer gewaltbereiten Fan-Gruppe gilt als Indiz für mögliche zukünftige Störungen. Das ist zu niedrig angesetzt und rechtsstaatlich nicht vertretbar.
S tadionverbote können auch gegen Fußballfans verhängt werden, die nicht rechtskräftig verurteilt wurden. Dies hat gestern der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Der grundsätzliche Ansatz des Urteils ist richtig, im Ergebnis geht es aber zu weit.
Stadionverbote sind keine Strafe für vergangene Krawalle, sondern dienen der Verhütung zukünftiger Ausschreitungen. Deshalb wird ein Stadionverbot möglichst schnell ausgesprochen, mit Blick auf die nächsten Spiele. Niemand will, dass Stadionverbote erst nach einigen Jahren verhängt werden, wenn am Ende des Instanzenwegs ein rechtskräftiges Strafurteil vorliegt.
Bei der Gefahrenabwehr hat es nie eine Unschuldsvermutung gegeben, denn Schuld und Unschuld können sich nur auf bereits erfolgte Taten beziehen. Eine Gefahr liegt ja logischerweise immer in der Zukunft. Diese feine Unterscheidung führt immer wieder zu Missverständnissen zwischen Juristen und Nichtjuristen. Der BGH ist also nicht zu kritisieren, wenn er Stadionverbote auch bei eingestellten Ermittlungsverfahren zulässt.
Hier gilt ein anderes Korrektiv. Auch bei der Gefahrenabwehr darf niemand willkürlich zum potenziellen Störer erklärt werden. Daher müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr bestehen.
Erst an diesem Punkt liegt der BGH falsch. Denn er setzt die Schwelle zu niedrig an, ab der ein Fan als Gefährder eingestuft werden darf. Es kann nicht ausreichen, dass bereits der Aufenthalt in einer gewaltbereiten Fan-Gruppe als Indiz für mögliche zukünftige Störungen gilt - nur weil dies zeitweilig zu einem polizeilichen Ermittlungsverfahren führte.
Letztlich kann so bereits der bloße Kontakt zu den falschen Personen zu einem zweijährigen Stadionverbot führen. Das grenzt fast schon an Willkür und ist daher rechtsstaatlich nicht vertretbar.
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