Kommentar Urteil Ausländerwahlrecht: Bremen liebt nur das deutsche Volk
Die Bremer Richter schützen Stadtteilgremien davor, dass Anwohner aus Zürich oder Ankara mitentscheiden. Sie haben sich gegen die Modernisierung entschieden.
N ichts, keine Einzelnorm soll Bestand haben, ja noch nicht mal dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Die vom Staatsgerichtshof verfügte restlose Zurückweisung des Bremischen Gesetzesentwurfs für eine Ausweitung des Landeswahlrechts auf EU-Ausländer ist enttäuschend. Wie kann ein Gericht sich gesellschaftlicher Veränderung so vollkommen verschließen – und ein gravierendes Gerechtigkeitsdefizit einfach so in Kauf nehmen?
Denn genau das tut der Staatsgerichtshof, sogar explizit. Das Urteil räumt es selbst ein: „Zu erwägen ist, ob die Menschenwürde dazu verpflichtet, eine Kongruenz zwischen dem Wahlvolk und den dauerhaft von deutscher Staatsgewalt Betroffenen herzustellen.“ Im Klarteext: Dass etliche BürgerInnen ständig in Bremen leben, arbeiten, Steuern zahlen, aber nicht mal darüber mitbestimmen dürfen, wie die Straße heißen soll, in der sie wohnen, verletzt sehr wahrscheinlich das ehernste aller Rechte – nämlich die Unantastbarkeit der Würde des Menschen.
Und das wäre schon mal eine Erwägung wert, befinden also die Bremer RichterInnen. Aber keine, die sie anstellen wollen und werden.
So hat der Bremer Staatsgerichtshof beschieden, statt der Menschenwürde lieber die Stadtteilgremien davor zu schützen, dass Anwohner, die in Zürich oder Ankara geboren sind, über die Bepflanzung öffentlicher Rabatten mitentscheiden. Er schützt lieber den Volksbegriff, der, wie es im Urteil so schön heißt, aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, der Wiegenzeit des Nationalismus, und nichts von seiner Herkunft verloren hat.
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