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Kommentar Umweltfreundliche AutosKein Mitleid an der Zapfsäule

Manfred Kriener
Kommentar von Manfred Kriener

Für die meisten deutschen Autofahrer ist das umweltfreundlichste Auto kein Auto, da es mit Erdgas fährt. Deshalb: Wer PS-starke Dickschiffe fahren will, muss auch die Rechnung bezahlen.

Früher fuhren Ökos gerne VW-Käfer. Aber erst mit dem Alter ist VW so richtig öko geworden. Bild: dpa

D ie Auto-Umweltliste des VCD platzt mitten hinein in die neue Benzinpreishysterie. Der Sieger VW Eco-Up gilt ab sofort als umweltfreundlichstes Modell in unserer Tiefgarage. Er braucht keinen einzigen Tropfen Benzin, sondern Erdgas. Weil das für die meisten Käufer aber kein „richtiges“ Auto ist und man Erdgas nicht an jeder Ecke tanken kann, wird der Sieger ein Nischenfahrzeug bleiben.

Immerhin: Der deutschen Ingenieursseele wird es guttun, dass erstmals seit neun Jahren wieder ein heimisches Auto in die Phalanx der japanischen Dauersieger eingebrochen ist. Gleichzeitig belebt der VCD eine fast vergessene Alternative. Erdgasautos, darüber wird kaum geredet, kann man auch mit Biogas fahren – eine ganz andere Variante des derzeit heftig attackierten „Biosprits“.

Auf den weiteren Plätzen zeigt die Liste die Dominanz ausländischer Hybridmodelle. Während asiatische Hersteller ihren technologischen Vorsprung konsequent im Massenmarkt umsetzen, sind deutsche Hybridautos nur in der Oberklasse verfügbar. BMW hat jetzt kapituliert und angekündigt, bei Toyota Hybrid-Know-how einzukaufen. Zeit wär’s!

Manfred Kriener

ist Autor der taz und Chefredakteur des Umweltmagazins zeo2.

Die Umweltliste zeigt auch, dass es möglich ist, den CO2-Ausstoß auf 80 Gramm zu begrenzen. Sogar 60 Gramm wären möglich, keine Frage. Nur: Die durchschnittliche PS-Zahl der Boliden ist in Deutschland inzwischen auf 138 gestiegen. Ein erneuter Rekord, der eindrucksvoll belegt, dass der Verbrauch der Autos, ihre Betriebskosten, ihre Umwelt- und Klimaperformance noch lange nicht an erster Stelle stehen.

Deshalb: Kein Mitleid an der Zapfsäule! Wer unbelehrbar große, schwere, PS-starke Dickschiffe fährt, muss auch die Rechnung bezahlen. Benzin wird mittel- und langfristig nicht billiger, sondern teurer. Dabei gilt folgende Formel: Ein um 10 Prozent höherer Benzinpreis bringt etwa 3 Prozent weniger Verbrauch. Die derzeitige Jeremiade über den „höchsten Benzinpreis aller Zeiten“ kommt vor allem von den sogenannten sportlichen Fahrern. Der Sport, gemeinhin mit Bewegung assoziiert, besteht darin, den Hintern auf den Sitz zu schwingen und die Fußspitze aufs Pedal zu drücken.

Ein Letztes noch: Die Umweltliste präsentiert auch Elektroautos. Deren Zahl war zum Jahresbeginn bundesweit auf 4.541 angewachsen. Sie spielen für normale Autokäufer noch immer keine Rolle.

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Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
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3 Kommentare

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  • D
    deGrabb

    Welche Alternativen gibt es denn zu den bisherigen Kraftstoffen:

    Erdgas, Autogas und Elektro.

    Alle drei sind umweltfreundlicher als Benzin und Diesel. Das Problem ist, dass es für die Antriebsalternativen kein Netz gibt. Mit einem Erdgasauto z.B. zu fahren ist einfach nur übel, weil es fast keine Tankstellen gibt. Der Aufbau eines dichten Netzes ist aber teuer. Der Irrsinn ist, dass drei Netze aufgebaut werden sollen. Der sichere Weg, dass es auch in Zukunft keine wirkliche Alternative zu Beinzin- und Dieselfahrzeugen geben wird.

  • JN
    Jörg N.

    Gut gesprochen! Ich habe auch kein Mitleid mit den Leuten, die die dicken Tankrechnungen bekommen. Allein habe ich mit mir als Steuerzahler Mitleid. Denn die dicksten der PS (und gewichts) Boliden sind bekanntlich Firmenwagen. Und so richtig gas geben die Leute auch nur, wenn die Tankrechnung vom Arbeitgeber bezahlt wird. So zieht der Arbeitgeber die Kosten von seinem zu versteuernden Gewinn ab. So finanziere ich indirekterweise die Riesenkarren, die mich mit meinem zu 100% selbst bezahlten Fahrrad von der Straße schieben. Freude.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Danke für die dolle Information.

    Wenn nach 100T km der Motor hin war und man dauernd Extratouren Umwege zur Erdgastankstelle fahren musste ... dann ist das Umweltbewusstsein.

    Diese Extratouren sollten mal in den Verbrauch mit eingerechnet werden. Dann stimmt auch die Verbrauchsbilanz halbwegs. Ich mag diese idealistischen Lügen für einen guten Zweck nicht.