Kommentar Umweltfreundliche Autos: Kein Mitleid an der Zapfsäule
Für die meisten deutschen Autofahrer ist das umweltfreundlichste Auto kein Auto, da es mit Erdgas fährt. Deshalb: Wer PS-starke Dickschiffe fahren will, muss auch die Rechnung bezahlen.
![](https://taz.de/picture/197650/14/vw-kaefer.jpg)
D ie Auto-Umweltliste des VCD platzt mitten hinein in die neue Benzinpreishysterie. Der Sieger VW Eco-Up gilt ab sofort als umweltfreundlichstes Modell in unserer Tiefgarage. Er braucht keinen einzigen Tropfen Benzin, sondern Erdgas. Weil das für die meisten Käufer aber kein „richtiges“ Auto ist und man Erdgas nicht an jeder Ecke tanken kann, wird der Sieger ein Nischenfahrzeug bleiben.
Immerhin: Der deutschen Ingenieursseele wird es guttun, dass erstmals seit neun Jahren wieder ein heimisches Auto in die Phalanx der japanischen Dauersieger eingebrochen ist. Gleichzeitig belebt der VCD eine fast vergessene Alternative. Erdgasautos, darüber wird kaum geredet, kann man auch mit Biogas fahren – eine ganz andere Variante des derzeit heftig attackierten „Biosprits“.
Auf den weiteren Plätzen zeigt die Liste die Dominanz ausländischer Hybridmodelle. Während asiatische Hersteller ihren technologischen Vorsprung konsequent im Massenmarkt umsetzen, sind deutsche Hybridautos nur in der Oberklasse verfügbar. BMW hat jetzt kapituliert und angekündigt, bei Toyota Hybrid-Know-how einzukaufen. Zeit wär’s!
ist Autor der taz und Chefredakteur des Umweltmagazins zeo2.
Die Umweltliste zeigt auch, dass es möglich ist, den CO2-Ausstoß auf 80 Gramm zu begrenzen. Sogar 60 Gramm wären möglich, keine Frage. Nur: Die durchschnittliche PS-Zahl der Boliden ist in Deutschland inzwischen auf 138 gestiegen. Ein erneuter Rekord, der eindrucksvoll belegt, dass der Verbrauch der Autos, ihre Betriebskosten, ihre Umwelt- und Klimaperformance noch lange nicht an erster Stelle stehen.
Deshalb: Kein Mitleid an der Zapfsäule! Wer unbelehrbar große, schwere, PS-starke Dickschiffe fährt, muss auch die Rechnung bezahlen. Benzin wird mittel- und langfristig nicht billiger, sondern teurer. Dabei gilt folgende Formel: Ein um 10 Prozent höherer Benzinpreis bringt etwa 3 Prozent weniger Verbrauch. Die derzeitige Jeremiade über den „höchsten Benzinpreis aller Zeiten“ kommt vor allem von den sogenannten sportlichen Fahrern. Der Sport, gemeinhin mit Bewegung assoziiert, besteht darin, den Hintern auf den Sitz zu schwingen und die Fußspitze aufs Pedal zu drücken.
Ein Letztes noch: Die Umweltliste präsentiert auch Elektroautos. Deren Zahl war zum Jahresbeginn bundesweit auf 4.541 angewachsen. Sie spielen für normale Autokäufer noch immer keine Rolle.
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