Kommentar US-Wahl und Finanzkrise: Die Dummheit der Republikaner
Obama verdankt die letzten und entscheidenden Prozente einem historischen Zufall namens Lehman Brothers. Die Republikaner hätten seinen Sieg vielleicht verhindern können.
Ulrike Herrmann ist finanzpolitische Korrespondentin der taz.
Es gibt einen Mann, der Obamas Sieg vielleicht hätte verhindern können. Er heißt Hank Paulson und ist noch US-Finanzminister. Denn Paulson traf am 14. September eine folgenreiche Entscheidung: Er ließ die US-Investmentbank Lehman Brothers pleitegehen. Seither ist die Finanzkrise nicht mehr beherrschbar. In den letzten Wahlkampfwochen wurde McCain daher zum Verhängnis, dass er nichts von Wirtschaftspolitik versteht. Bis dahin hatte dies viele Amerikaner nicht besonders gestört.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Finanzkrise selbst ist unvermeidlich, denn es zirkulieren allzu viele Schrottpapiere. Doch die Lehman-Pleite hat den Krisenverlauf ungeheuer beschleunigt. Wäre die Investmentbank hingegen gerettet worden - vielleicht hätten die Republikaner den Totalzusammenbruch der Finanzmärkte noch bis nach der US-Wahl verzögern können.
Dankbarkeit ist also angebracht, dass Hank Paulson so kurzsichtig war, Lehman Brothers in den Konkurs zu treiben. Wer weiß, ob Obama sonst die entscheidenden Swing States wie Ohio oder Florida gewonnen hätte. In Florida, zum Beispiel, kam er nur auf knappe 50,9 Prozent. Für den Sieg dort brauchte Obama auch die Stimmen der weißen Männer, die mit dem Slogan "Yes, we can" nicht zu locken waren. Die Rezession hat ihm nun diese Wähler in Teilen zugetrieben. 60 Prozent der US-Bürger gaben nach der Wahl an, dass die Finanzkrise für sie das wichtigste Thema war.
Vor der Wahl hatten viele US-Linke Angst, dass die Republikaner noch einen Krieg anzetteln könnten, um mit einem neuen "War against Terror" entscheidende Stimmen zu sammeln. Aber es kam genau andersherum: Der Republikaner Hank Paulson hat den Demokraten unbeabsichtigt ein großes Geschenk gemacht.
Es schmälert nicht Obamas Leistungen, falls er die letzten und entscheidenden Prozente einem historischen Zufall namens Lehman Brothers verdankt. Aber es zeigt, wie viel Arbeit vor ihm liegt. Jetzt muss er auch jene vom "Change"-Versprechen überzeugen, die ihn nur aus ökonomischer Verzweiflung gewählt haben.
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