Kommentar US-Strategie in Afghanistan: Konsequent erfolglos
Mit seiner neuen Strategie wird es Obama wohl nicht schaffen, wieder mehr Rückhalt für den Afghanistan-Einsatz zu bekommen.
J ahrelang hatten Kritiker der Kriegsführung in Afghanistan geklagt, den US-Militärs ginge es vor allem darum, so viele militante Gegner wie möglich zu töten. Tatsächlich wurde der Erfolg an der Zahl der feindlichen Leichen gemessen. Wenn immer möglich, setzten die US-Militärs Abstandswaffen aus großer Höhe ein. Das Risiko für die eigenen Truppen blieb relativ gering.
Doch erreicht wurde damit bekanntlich wenig. Präsident Obama machte den Afghanistankrieg deshalb zu seiner außenpolitischen Priorität. Eine neue, erfolgreiche Strategie sollte her. Das jetzt vorgelegte Papier des US-Befehlshabers in Afghanistan macht den Strategiewandel konkret: mehr Bodentruppen und mehr Risiko.
Das ist konsequent. Wenn die USA und ihre Verbündeten weiter auf ein militärisches Vorgehen setzen, die Bombenstrategie aber für falsch halten, dann müssen sie mehr Truppen schicken. Die Zahl der Toten unter den Soldaten der USA und der Nato aber wird damit steigen. Wer sein geschütztes Camp verlässt, wer nicht aus großer Höhe bombt, wer in die Dörfer geht, wer Kontakt aufnimmt - der macht sich verwundbar.
Als Schritt hin zu einer Beendigung des Krieges wird die Strategie deshalb in der US-amerikanischen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. Zumal die propagierte Perspektive für den Abzug der Truppen allein darin besteht, in Afghanistan eine Regierung mit höchst zweifelhafter Legitimität samt den mit ihr verbündeten Warlords massiv aufzurüsten.
Nach Erfolg klingt das nicht. Den aber braucht Obama: Der Rückhalt für den Afghanistankrieg schwindet unter seinen konservativen Gegnern wie seinen liberalen Unterstützern. Selbst wenn Obama sonst alles gelänge, hier wird er scheitern. Die Entscheidung, den Afghanistankrieg mit einer Truppenaufstockung gewinnen zu wollen, dürfte sich am Ende als größter Fehler der Obama-Präsidentschaft erweisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Scholz zu Besuch bei Ford
Gas geben für den Wahlkampf
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins