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Kommentar US-GefangenenlagerVerantwortung für Guantánamo

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die Aufnahme unschuldiger Guantánamo-Häftlinge in Deutschland ist nun auch ein Thema für die Regierung - endlich.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • MD
    Moritz der Menschliche

    @ Torsten Steiberg

     

    Sehr geehrter Herr,

     

    Ich bitte Sie inständigst, lassen Sie doch um Gottes willen diese charakterlich fragwürdigen politischen Graubären, die sich offenbar immer noch nicht schlecht genug fühlen, um davon Abstand zu nehmen, die Öffentlichkeit taktisch hinters Licht zu führen, nicht an die unschuldigen Kinder heran, die noch ihre ganze Persönlichkeitsentwicklung vor sich haben. Das wäre katastrophal!

     

    Ich beziehe mich dabei auf Ihren Kommentar von heute, den 23.12.08, 14:44 Uhr, Zitat:

     

    "Diese Politiker, die heute so andere Töne anschlagen, scheinen mir noch sehr in kindlichen Denkmustern (Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Niemand! Und wenn er kommt? Dann laufen wir!) verhaftet und sollten lieber einer Tätigkeit im Kindergarten als in einem Parlament nachgehen."

     

    "Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Keiner. Und wenn er kommt? Dann laufen wir?"

    Ist das nicht - das nur mal Rande zu Ihrem ausführlichen Kommentar hinsichtlich der BND-Mitverantwortung für den irrsinnigen Irak-Krieg gefragt - ein kolonialgeschichtlich generiertes, rassistisches Kinderspiel deutscher Sportlehrer, das sich bis zum heutigen Tage mangels deutscher Selbstkritik spielpädagogisch erhalten hat?

     

    Teilen Sie das bitte, falls Sie sich des Privilegs eines speziellen Drahtes erfreuen sollten, der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Annette Schavan (CDU) mit, und tragen Sie so dazu bei, daß dieses rassistisch interpretierbare Kindersportspiel endlich aus den Lehr- und Aktivitätsplänen von Kindergärten und Grundschulen in der BRD verbannt wird.

     

    Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

     

    MfFtw - d. h. ganz untechnokratisch ausgeschrieben: Mit freundlichen Festtagswünschen!

     

    Ihr Moritz der Menschliche

     

    PS: Die englische Version von "Zehn kleine Rassismusopfer ..." lautet übrigens: "Ten green bottles sitting on a wall, and one green bottle accidentally fall ..." usw.

  • KK
    Klaus Klasen

    Die Verantwortung für Guantanamo tragen eindeutig die USA. Daher muss die USA sowohl für die

    Integration dieser Gefangenen in ein menschenwürdiges Leben als auch für eine adequate Entschädigung oder ein Gerichtsverfahren nach rechtstaatlichen Grundsätzen sorgen. Ich kann deshalb nicht verstehen, warum nun wieder Stimmen laut werden, die eine Beteilung Deutschlands an einer humanitären Lösung für dieses Problem fordern.

    Ist das einfach idealistisches Gutmenschentum oder Arroganz? Wird hier schon Wahlkampf betrieben (Herr Steinmeier scheint wohl eine Chance zu sehen, seine nicht sehr brillante Rolle im Fall Kurnaz vergessen machen zu wollen)oder gibt es tatsächlich Leute, die Deutschland als Musterland für die Integration von Menschen aus moslemischen Kulturen halten? Man scheint wohl auch zu übersehen, dass Deutschland Kampftruppen in Afganistan hat, somit also ein potentielles Feindbild für einige der jetzt noch in Guantanamo gefangenen Männer darstellt. Was passiert, wenn wir jemanden aufnehmen, der beweisen kann, dass er während seiner Über- bzw. Entführung auf deutschem Hoheitsgebiet war? Bevor Kosten oder Sicherheitsfragen aufgeworfen werden, wäre es angebracht zu bedenken, ob wir uns überhaupt einmischen sollen, denn dies würde auch bedeuten, der neuen US-Administration die Fähigkeit abzusprechen, die Dinge in menschenwürdiger Art und Weise lösen zu können.

  • TS
    Torsten Steiberg

    Die Verantwortung für den völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak sowie die Einrichtung des Gefangenenlagers Guantanamo sowie weiterer menschenrechtsverletzender Lager haben sich die US-Amerikaner und ihre Verbündeten aufgehalst. Zu den Verbündeten in diesen abscheulichen Angelegenheiten gehört Deutschland definitv nicht. Wenn die Amerikaner sich unter einer neuen Regierung endlich dazu aufraffen können, sich dieser stinkenden Eiterbeule Guantanamo zu entledigen und die unrechtmäßig Gefangenen freizulassen, ist das natürlich vorbehaltlos zu begrüßen.

     

    Ich verstehe jedoch nicht, mit welcher Selbstverständlichkeit die taz kolportiert, daß die USA, nach wie vor ein Land mit großen, wenn offensichtlich auch nicht unbegrenzten Möglichkeiten, nicht in der Lage sein soll, diesen Fehler selbst zu bereinigen. Und selbst wenn das eine Anstrengung für die USA bedeutet, dieses Land ist sich nach allem, was es verbrochen hat, diese Anstrengung schuldig.

     

    Lächerlich wirkt dagegen der Anschein, den aus irgendwelchen Gründen auf Teufel komm raus die taz erwecken will, daß Deutschland für Guantanamo Verantwortung trägt und die Schließung des Lagers daran scheitern könnte, weil wir uns dieser Verantwortung entziehen wollen und und nicht bereit sind, den ach so gutwilligen Obama-Amerikanern ihre Gefangenen abzunehmen. Es ist albern, Deutschland in die Nähe einer Bananenrepublik rücken zu wollen, weil Gefangenentransporte nach Guantanamo heimlich auch über deutsche Flughäfen durchgeführt wurden oder Deutschland mit der Verantwortung für eine reibungslose Schließung Guantanamos zu belasten, weil wir uns im Einzelfall von Murat Kurnaz nachgewiesenermaßen schäbig und feige verhalten haben.Was hat das eine mit dem andern zu tun?

     

    Wenn das Lager aufgelöst wird, kann es natürlich sein, daß die Gefangenen nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren können. Einer anständig recherchierenden Zeitung würde ich allerdings Beispiele abverlangen. Gibt es denn schon in diese Richtung weisende Stellungnahmen einzelner Herkunftsländer? (Wer fragt schon danach, ein taz-Leser doch wohl kaum!) Wenn dann solche in ihren Herkunftsländern trotz Unschuldsvermutung unerwünschte Gefangene aus Guantanamo auch in den USA unter keinen Umständen bleiben wollen, kann man dafür natürlich nur vollstes Verständnis haben angesichts der Demütigungen und Schmerzen - und sei es im günstigsten Fall auch nur der jahrelange, ungerechtfertigte Freiheitsentzug - die Institutionen dieses Landes ihnen zugefügt haben.

     

    In diesem Fall, also nachrangig hinter Rückkehr in die Heimatländer oder Verbleib in den USA, sollte es für die Länder der EU natürlich eine Selbstverständlichkeit sein, den Gefangenen Aufnahme in der EU anzubieten. Wenn es innerhalb der EU in diesem Punkt, wie eigentlich ja über alles, Uneinigkeit geben sollte, erwarte ich von Deutschland, daß es mit aller Deutlichkeit und Unvoreingenommenheit darauf hinwirkt, daß den Gefangenen ein solches Angebot gemacht wird. Die Erklärung des deutschen Außenministeriums trifft genau den Kern: "Die Schließung Guantanamos darf nicht daran scheitern, daß sich jemand weigert, Häftlinge aufzunehmen." Nicht mehr, und nicht weniger.

     

    Mit Verwunderung kann ich nur den Kopf über die Stimmen derer schütteln, die nur an hohe Kosten für die lückenlose Überwachung der "Terroristen" denken. Dabei stimmten wir doch alle, solange die Gefangenen ausbruchssicher isoliert waren darin überein, daß alle Gefangenen unrechtmäßig festgehalten wurden und selbst ein ordentliches Verfahren nur in wenigen Fällen zur Festsetzung einer juristisch begründbaren Strafe führen würde. Diese Politiker, die heute so andere Töne anschlagen, scheinen mir noch sehr in kindlichen Denkmustern (Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Niemand! Und wenn er kommt? Dann laufen wir!) verhaftet und sollten lieber einer Tätigkeit im Kindergarten als in einem Parlament nachgehen. Wenn man schon von Kosten in Verbindung mit den freizulassenden Gefangenen redet, dann denke man lieber daran, daß es sich nach allem, was man in den vergangenen Jahren hörte, um zum nenneswerten Teil traumatisierte Menschen handeln muß und wer weiß ob in allen Fällen, fachkundige Betreuung, Zeit und Zuwendung ausreichen, um die beschädigte Psyche und Emotionalität wieder zu reparieren. Das kann auch finanziell teuer werden.

     

    Doch die Verantwortung dafür tragen meines Erachtens allein die Urheber dieser humanitären Katastrophe. Und das sind nun einmal die USA. Wenn wir, die EU-Länder, den Amerikanern bei der Lösung ihres Problems Guantanamo so wie vorstehend beschrieben, selbstverständlich behilflich sein sollten, wenn den Betroffenen ein anderer Weg zurück in ein menschenwürdiges Leben in Freiheit verwehrt ist, enthebt das die Amerikaner nicht ihrer Pflicht, für die Folgekosten aufzukommen.