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Kommentar UNO-Mission in SyrienEndlose Heuchelei

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die UNO zieht ihre Beobachter aus Syrien ab. Egal – das schwache Mandat macht die Mission ohnehin zur Farce. Das Blutvergießen wird unvermindert weitergehen.

D ie Beobachtermission der UNO in Syrien läuft am Sonntag aus, weil die fünf Vetomächte des Sicherheitsrates sich nicht auf eine Verlängerung einigen konnten. Das ist kein Drama. Der Rückzug der noch verbliebenen 40 von ehmals 300 UN-Beobachtern wird die ohnehin bereits höchst prekäre Lage der Menschen in Syrien nicht noch weiter verschlechtern. Denn die Beobachter haben ihren im Februar vom Sicherheitsrat erteilten Auftrag eh kaum wahrnehmen können. Sie wurden behindert und physisch bedroht.

Zunächst und in erster Linie von dem Regime und seinen Soldaten und Milizen, seit dem Massaker von Hula Ende Mai aber in zunehmendem Maße auch von den bewaffneten Oppositionskräften. Die Anwesenheit der UN-Beobachter hatte keinerlei abschreckende Wirkung. Sie konnten keine Gewalt verhindern, lediglich einige Massaker nachträglich mehr oder weniger verlässlich dokumentieren und die Verantwortlichen benennen. Mehr ließ das schwache Mandat, das der Sicherheitsrat im Februar für die Syrienmission beschloß, gar nicht zu.

Die Verantwortung für das Scheitern der Beobachtermission wie für den Rücktritt des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan vor zwei Wochen tragen die Vetomächte. Rußland und China verhinderten den für einen Erfolg der Mission und des Sonderbeauftragten erforderlichen Druck des Rates auf das Assad-Regime. Aber auch die USA und ihre Verbündeten im Westen wie in der Nahostregion unterminierten mit der politischen, finanziellen, logistischen und militärischen Unterstützung für die Oppositionskräfte den Auftrag der Beobachtermission und des Sonderbeauftragten.

ANDREAS ZUMACH

ist taz-Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf.

Die zahllosen Beteuerungen aller ausländischen Akteure, es gehe in erster Linie darum, das Blutvergießen in Syrien zu beenden, sind das Papier kaum wert, auf dem sie geschrieben wurden. Die schweren Menschenrechtsverletzungen werden auf allen Seiten billigend in Kauf genommen. Denn auf allen Seiten haben die jeweils eigenen politischen, wirtschaftlichen oder geostrategischen Interessen Vorrang vor den Menschenrechten der SyrerInnen.

Unter diesen Bedingungen ist der Verbleib eines UN-Verbindungsbüros in Damaskus nur eine Farce und Annans designierter Nachfolger Lakhdar Brahimi wird selbst mit einem veränderten Mandat kaum eine Chance auf Erfolg haben.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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4 Kommentare

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  • EM
    eine meinung

    wow, endlich mal ein ehrliches Wort!

    Schön wenn mal die Dinge beim Namen genannt werden:

    wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen.

    Das ganze empathische Gutmenschengetue um Demokratie, Relgionsfreiheit, persönliche Freiheit, Schutz von Frauen und Kindern ist doch immerwieder gut für einen militärischen Einsatz. Wenn alles weggebomt und "befreit" ist interessiert sich niemand mehr dafür und der Westen hat ein neues Wrack ala Irak, Libyen erschaffen. Da kann man sich nur für seine eigenen Leute schämen!

  • HL
    Helmut Lang

    Zur Lage Syriens und des Irans

     

    Seit 2010 ist die MEK, die oppositionelle Bewegung gegen die Iranische Regierung nicht mehr als Terroristische Vereinigung eingestuft, nein, im Gegenteil, jetzt findet sie politische und finanzielle Unterstützung von den USA, Frankreich und Deutschland (dt. Politiker sind namentlich bekannt) gegen die demokratisch gewählten Regierungen Syriens und des Iran.

    So kämpfen diese alleine gegen eine Allianz aus MEK, Al Qaeda, libyschen Mojahedin und syrischen Oppositionellen und der Westen schaut nicht nur zu sondern unterstützt diese auch noch, so dass die UN-beobachter in Syrien reine Farce sind.

    So hörte man nichts von der Tötung des 2.-höchsten Al Qaeda-Führers, nichts von der Bombardierung des UN-Gebäudes in Damaskus durch die Mojahedin und keine Stellungnahme der Politiker zu Ali akbar Rastagous (von der iranische Regierung) Bittschriften um Hilfe gegen die Terroristen (zu finden auf www.achtung-mojahedin.org).

    Kein Wunder dass Russland und China bei solcher Missachtung der Menschenrechte ihr Veto in der UN einlegen! Man stößt bei solchen Recherchen im www daher auf unzählige Spies, Trojaner und gesperrte Seiten. Das ist unsere "mediale Aufklärung" im demokratischen Deutschland...

  • H
    Hoga

    Hat es denn jemals einen Krieg ohne die Verletzung von Menschenrechten gegeben? Das einzufordern obliegt den westlichen Oberheuchlern, die fleissig Waffen liefern.An ihrer Leine kläffen 'Musterstaaten' wie Saudi-Arabien und Quatar. Wo sind dort die geschützten Menschenrechte? Wenn sie Syrien erledigt haben, dann geht es gegen den Iran. Aber was passiert, wenn die bereits über Atomwaffen verfügen?

    Der Westen sollte sich besser um sein eigenes Elend kümmern. Armut ist nämlich auch eine Verletzung der elementaren Menschenrechte.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Bleiben wir doch bei den Fakten.

    Es ist der Club der Massenmörder "Freunde Syriens" die einen Stop der Gewalt verhindert haben. Die gehören zumindest an den moralischen Pranger. Besser wäre ein Krieg gegen sie, wie z.B. die USA ihn gegen Afghanistan führten. Nur moralisch besser legitimiert - UN-Charta, Völkerrecht.

    Russland und China und einige andere wollten den Erfolg der Annan-Mission. Die sponsors of terrorism wollten ihn genauso wenig, wie schon bei der Arabischen Beobachter Mission. Die Fakten sprechen halt zu sehr gegen die Lügenwelle des msm.

    Die Regierungeobachter Syriens agiert nur gegen den massenhaften Terrorismus durch die sponsors of terrorism.

    Dies ist kaum zu bezweifeln, da das bei den msm immer verbreiteten " Gewalt gegen Zivilisten " politisch keinerlei Sinn ergibt und auch nicht durch Fakten gedeckt ist.

    Ich hoffe es bildet sich noch eine Gruppe, die Syrien verteidigt.