Kommentar UNO-Mission in Syrien: Endlose Heuchelei
Die UNO zieht ihre Beobachter aus Syrien ab. Egal – das schwache Mandat macht die Mission ohnehin zur Farce. Das Blutvergießen wird unvermindert weitergehen.
D ie Beobachtermission der UNO in Syrien läuft am Sonntag aus, weil die fünf Vetomächte des Sicherheitsrates sich nicht auf eine Verlängerung einigen konnten. Das ist kein Drama. Der Rückzug der noch verbliebenen 40 von ehmals 300 UN-Beobachtern wird die ohnehin bereits höchst prekäre Lage der Menschen in Syrien nicht noch weiter verschlechtern. Denn die Beobachter haben ihren im Februar vom Sicherheitsrat erteilten Auftrag eh kaum wahrnehmen können. Sie wurden behindert und physisch bedroht.
Zunächst und in erster Linie von dem Regime und seinen Soldaten und Milizen, seit dem Massaker von Hula Ende Mai aber in zunehmendem Maße auch von den bewaffneten Oppositionskräften. Die Anwesenheit der UN-Beobachter hatte keinerlei abschreckende Wirkung. Sie konnten keine Gewalt verhindern, lediglich einige Massaker nachträglich mehr oder weniger verlässlich dokumentieren und die Verantwortlichen benennen. Mehr ließ das schwache Mandat, das der Sicherheitsrat im Februar für die Syrienmission beschloß, gar nicht zu.
Die Verantwortung für das Scheitern der Beobachtermission wie für den Rücktritt des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan vor zwei Wochen tragen die Vetomächte. Rußland und China verhinderten den für einen Erfolg der Mission und des Sonderbeauftragten erforderlichen Druck des Rates auf das Assad-Regime. Aber auch die USA und ihre Verbündeten im Westen wie in der Nahostregion unterminierten mit der politischen, finanziellen, logistischen und militärischen Unterstützung für die Oppositionskräfte den Auftrag der Beobachtermission und des Sonderbeauftragten.
ist taz-Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf.
Die zahllosen Beteuerungen aller ausländischen Akteure, es gehe in erster Linie darum, das Blutvergießen in Syrien zu beenden, sind das Papier kaum wert, auf dem sie geschrieben wurden. Die schweren Menschenrechtsverletzungen werden auf allen Seiten billigend in Kauf genommen. Denn auf allen Seiten haben die jeweils eigenen politischen, wirtschaftlichen oder geostrategischen Interessen Vorrang vor den Menschenrechten der SyrerInnen.
Unter diesen Bedingungen ist der Verbleib eines UN-Verbindungsbüros in Damaskus nur eine Farce und Annans designierter Nachfolger Lakhdar Brahimi wird selbst mit einem veränderten Mandat kaum eine Chance auf Erfolg haben.
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