Kommentar UN-Artenschutzkonferenzen: Fahrt woandershin
Elf UN-Konferenzen seit 1994 haben das Artensterben nicht stoppen können. Auch dieses Jahr sind die Entschlüsse nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
D ie Konferenzen der Vereinten Nationen über den Artenschutz sind meist eine schöne Party: 2.000 Delegierte aus aller Welt treffen sich derzeit alle zwei Jahre mal in Deutschland, dann in Japan, zuletzt bis Samstag im indischen Hyderabad. Nebenbei gibt es Rockkonzerte, Exkursionen in die Natur, und viele Delegierte gehen auch shoppen. Nett für sie, aber für den Artenschutz?
Tatsächlich haben die Unterzeichnerstaaten der Konvention zur Biodiversität auf ihren elf Konferenzen seit 1994 nicht verhindern können, dass immer mehr Tier- und Pflanzenarten aussterben.
Der wichtigste Indikator, der Living Planet Index der Umweltorganisation WWF, ist in den vergangenen 40 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen: Die untersuchten Tierpopulationen sind im Schnitt etwa 30 Prozent kleiner als 1970. Die Vereinten Nationen verfehlten sogar das selbst gesetzte Ziel, bis 2010 den Artenverlust zumindest zu verlangsamen, wenn er schon nicht zu stoppen ist.
ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.
Auch die Konferenz in Hyderabad wird die Bilanz nicht verbessern. Die nun zugesagte Verdopplung der Zahlungen aller Industriestaaten für den Artenschutz in allen Entwicklungsländern auf 10 Milliarden Dollar jährlich ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Der WWF veranschlagt den Bedarf auf insgesamt 200 Milliarden Dollar pro Jahr, vor allem im Süden.
Die mauen Ergebnisse zeigen, dass die Artenschutzkonvention gescheitert ist. Wenn jeder der 193 Unterzeichner wie bislang ein Vetorecht hat, lassen sich keine großen Fortschritte erzielen. Effizienter wäre es, wenn sich interessierte Staaten zusammentäten und im kleineren Rahmen verhandeln würden. Dann müssten sich 2.000 Delegierte neue Partys suchen – aber die Natur hätte mehr davon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers